Urteilsanalyse
Keine Terminsgebühr für einen Termin vor dem AG-Richter im Auslieferungsverfahren
Urteilsanalyse
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Im Auslieferungsverfahren löst ein Termin vor dem Richter beim Amtsgericht – sei es zur Entscheidung über eine Festhalteanordnung, sei es zur Verkündung eines Haftbefehls – eine Terminsgebühr nach Ansicht des OLG Zweibrücken nicht aus.

28. Jul 2022

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 15/2022 vom 28.07.2022

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Sachverhalt

In einem Auslieferungsverfahren auf der Grundlage eines ungarischen EU-Haftbefehls wurde die erinnerungsführende Rechtsanwältin dem Verfolgten im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht als Beistand bestellt. Später ordnete das OLG Auslieferungshaft sowie deren Fortdauer an. Schließlich erklärte der Senat die Auslieferung des Verfolgten nach Ungarn für zulässig. Eine mündliche Verhandlung vor dem Senat fand nicht statt. Der Verfolgte wurde den ungarischen Behörden übergeben. Die Rechtsanwältin begehrte anschließend im Rahmen der Festsetzung der aus der Landeskasse zu zahlenden Vergütung auch zwei Terminsgebühren und die Grundgebühr für Verteidiger. Da diese im Kostenfestsetzungsbeschluss nicht berücksichtigt wurden, legte sie Erinnerung ein.

Entscheidung

Die Erinnerung hatte keinen Erfolg.

Die Gebühren der Rechtsanwältin für ihre Tätigkeit im vorliegenden Verfahren bestimmten sich nach Teil 6, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2 VV RVG. Diese Regelung sei abschließend, sodass Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses auch nicht ergänzend herangezogen werden könne. Dort sei lediglich die mit 348 EUR festgesetzte Verfahrensgebühr nach Nr. 6101 VV RVG vorgesehen, nicht dagegen eine Grundgebühr. Eine Terminsgebühr sei zwar vorgesehen (Nr. 6102 VV RVG), aber hier nicht angefallen. Im Auslieferungsverfahren löse ein Termin vor dem Richter beim Amtsgericht – sei es zur Entscheidung über eine Festhalteanordnung, sei es zur Verkündung eines Haftbefehls – eine Terminsgebühr nicht aus.

Praxishinweis

Nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung erhält der Rechtsanwalt, sofern Termine vor dem Amtsgericht stattfinden, in denen lediglich der Auslieferungshaftbefehl verkündet, der Verfolgte vernommen oder die Belehrung des Verfolgten nach § 41 IRG erfolgt, für die Teilnahme an diesen Terminen keine Terminsgebühr (Gerold/Schmidt/Mayer RVG, 25. Auflage 2021, RVG VV 6100 - 6102 Rn. 7; Burhoff/Volpert RVG/Volpert Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, RVG VV 6102 Rn. 6; vgl. auch OLG Hamburg Beschluss vom 16.02.2021 - Ausl 35/20, BeckRS 2021, 2221 m. Anm. Mayer FD-RVG 2021, 436937 und OLG Jena Beschluss vom 11.03.2021 - Ausl AR 55/20, BeckRS 2021,5072 m. Anm. Mayer FD-RVG 2021, 437853). Das OLG Zweibrücken folgt dieser Auffassung, wenngleich das Gegenargument, wonach nach dem Wortlaut von Vorbemerkung 6 Abs. 3 VV RVG die Terminsgebühr für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen entsteht, nicht von der Hand zu weisen ist (vgl. auch  Gerold/Schmidt/Mayer RVG VV 6101 - 6102 Rn. 7).

OLG Zweibrücken Beschluss vom 24.05.2022 - 1 AR 52/21 A, BeckRS 2022, 15434