Anmerkung von
Rechtsanwalt David Püschel, Krug Fröba Dominok Rathgeber Rechtsanwälte PartG mbB, Frankfurt a. M.
Aus beck-fachdienst Strafrecht 02/2024 vom 25.01.2024
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Sachverhalt
Das AG verurteilte Angeklagten (A) am 27.8.2021 wegen „vorsätzlichen unerlaubten“ Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, versuchten „unerlaubten“ Erwerbs von Betäubungsmittel und „vorsätzlichen unerlaubten“ Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die Berufung des A sprach das LG nach einer Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO den A wegen versuchten „unerlaubten“ Erwerbs von Betäubungsmitteln und „unerlaubten“ Besitzes von Betäubungsmitteln schuldig und setzte gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten fest, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen diese Entscheidung wendet sich der A mit dem Rechtsmittel der Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidung
Während der Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des A aufweise, halte der Strafausspruch der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Bemessung der Einzelstrafen sei rechtsfehlerhaft, weil die Berufungskammer in beiden Fällen strafschärfend berücksichtigt habe, dass es sich bei den Drogen (Amphetamin und LSD) um Betäubungsmittel von „zumindest mittlerer Gefährlichkeit und mittlerem Suchtpotential“ gehandelt habe. Damit habe die Berufungskammer unzulässigerweise das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zulasten des A gewürdigt. Zwar komme der Art des Rauschgifts und seiner Gefährlichkeit im Rahmen der Strafzumessung grundsätzlich eine eigenständige Bedeutung zu. Deshalb könne die mindere Gefährlichkeit einer „weichen Droge“ wie Cannabis bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten gewertet werden. Die strafschärfende Berücksichtigung der mittleren Gefährlichkeit laufe aber darauf hinaus, dass dem Angeklagten das Fehlen eines Milderungsgrundes, nämlich dass er nicht lediglich eine weiche Droge besessen habe, angelastet werde. Etwas anderes gelte nur dann, wenn es sich um sogenannte harte Drogen wie Heroin, Fentanyl, Kokain oder Crack handle, bei denen die Gefährlichkeit zulasten des Angeklagten herangezogen werden dürfe. Der Strafausspruch beruhe auf diesem Rechtsfehler. Der Senat könne nicht ausschließen, dass das LG bei zutreffender Bewertung zu geringeren Einzelstrafen und demzufolge zu einer milderen Gesamtstrafe gelangt wäre.