Urteilsanalyse
Keine optische Beeinträchtigung durch montiertes Katzennetz
Urteilsanalyse
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Katzenhaltende Mieter haben einen Anspruch darauf, auf dem Balkon ein Katzennetz anbringen zu dürfen. Von einer optischen Beeinträchtigung des Mietobjekts ist nach einem Urteil des AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg vom 24.09.2020 jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn mehrere Bewohner ein solches Katzennetz bereits montiert haben.

3. Mrz 2021

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub und Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff
Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München, Frankfurt a.M.

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 04/2021 vom 25.02.2021

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Sachverhalt

Dem Mieter ist durch Wohnraummietvertrag das Halten einer Katze gestattet. Der Vermieter verweigerte seine Zustimmung zum Anbringen eines Katzennetzes am Balkon, das die Katze vor Stürzen schützen sollte. Der Mieter meint, dies sei nicht gerechtfertigt, da an 11 anderen Balkonen des Hauses, deren Wohnungen ebenfalls dem Vermieter gehören, dieser Katzennetze seit längerem duldet. Der Vermieter berief sich auf den Mietvertrag, wonach seine vorherige schriftliche Zustimmung für Anbauten sowie Installationen erforderlich sei. Das Anbringen des Netzes untersagte er. Hiergegen richtet sich die Klage der Mieterin.

Entscheidung

Die Klage hat Erfolg.

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Anbringung eines Katzennetzes gem. § 535 BGB iVm dem Mietvertrag.

Das Halten einer Katze in der Wohnung sei durch den Mietvertrag gestattet und zähle daher zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Auch das Anbringen eines Netzes, mit dem es der Katze ermöglicht wird, an die frische Luft zu gelangen, ohne die Nachbarn zu stören oder Singvögel zu jagen, zähle zu diesem genehmigten Gebrauch. Zwar sei nach dem Vertrag die vorherige schriftliche Zustimmung für Anbauten sowie Installationen erforderlich. Da das streitgegenständliche Netz jedoch unstreitig ohne Eingriff in die Substanz des Hauses montiert werden soll und zudem unstreitig an weiteren 11 Balkonen Netze vorhanden seien, sei keine erhebliche optische Beeinträchtigung und auch keine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung gegeben. Das Argument, dass die anderen Netze ohne Zustimmung des Vermieters angebaut worden seien, deswegen beseitigt werden müssten und daher auch der Mieterin die Anbringung nicht gestattet werden müsse, greife nicht durch, da der Vermieter über einen längeren Zeitraum die Netze an 11 anderen Balkonen geduldet und damit sein Ermessen dahingehend ausgeübt habe, dass die Katzennetze zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache zählen. Auch sei zu beachten, dass das Betreten des Balkons der artgerechten Haltung einer Katze zumindest näherkomme als das ausschließliche Halten in der Wohnung.

Praxishinweis

Das Gericht hat festgestellt, dass vorliegend das Anbringen eines Katzennetzes von dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung umfasst ist. Dem ist zuzustimmen (ebenso AG Köln, Urteil vom 03.12.2001 – 222 C 227/01, BeckRS 2007, 19653), da schon das Halten einer Katze mietvertraglich gestattet war (davon zu unterscheiden ist die Frage, ob Katzen grundsätzlich in der Wohnung gehalten werden dürfen, sie also etwa zu den sog. „Kleintieren“ gehören. Dies ist Frage des jeweiligen Einzelfalls; aA V. Emmerich in Staudinger, 2018, § 535 BGB Rn. 52, der das Halten von Katzen grds. zum vertragsgemäßen Gebrauch zählt).

Da auch kein Eingriff in der Substanz oder im optischen Erscheinungsbild vorlag – wie etwa das Anbringen des Netzes durch Schrauben in die Außenwand des Hauses (zur optischen Beeinträchtigung und baulichen Veränderung der Wohnanlage durch ein solches Netz: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 09.03.1998 - 3 W 44–98, NZM 1998, 376; BayObLG, Beschluss vom 03.04.2003 - 2Z BR 38/03, FGPrax 2003, 123) – hat das Amtsgericht der Klage zurecht stattgegeben.

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 24.09.2020 - 18 C 336/19, BeckRS 2020, 028667