Urteilsanalyse
Keine Kostenentscheidung im einseitigen Erinnerungsverfahren
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Bei einem einseitigen Erinnerungsverfahren (hier: Erinnerung gegen das Vorgehen eines Gerichtsvollziehers) ergeht nach dem Amtsgericht Aalen keine Kostentscheidung.

15. Dez 2021

Anmerkung von
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 25/2021 vom 10.12.2021

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Sachverhalt

Ein Gerichtsvollzieher bricht auf Antrag vom Gläubiger G eine Wohnungstür auf, um die Wohnung des Schuldners S betreten zu können. Die Reparaturkosten ersetzt der Gerichtsvollzieher im Anschluss dem vermietenden Wohnungseigentümer und stellt sie dem Gläubiger G in Rechnung. Dagegen wendet sich G im Wege der Erinnerung. Er meint, bei einer ordnungsmäßigen Ausführung der Wohnungsöffnung seien die Zerstörung der Wohnungstür sowie die Beschädigung des Türrahmens vermeidbar gewesen. Außerdem habe er allenfalls 1/10 der Gesamtkosten zu tragen, da die Türöffnung im Interesse von 9 weiteren Gläubigern erfolgt sei. Der Gerichtsvollzieher ist demgegenüber der Ansicht, G habe die Kosten der Wohnungsöffnung zu tragen und dies auch allein, da lediglich G die Wohnungsöffnung beantragt habe. Eine Öffnung der Tür ohne die entstandenen Schäden sei nicht möglich gewesen. Die Erinnerung hat nach Ansicht des AG Erfolg, da nur der Staat dem Wohnungseigentümer für den Schaden an der Tür hafte. Fraglich ist jetzt aber, wer die außergerichtlichen Kosten des G im Erinnerungsverfahren zu tragen hat.

Entscheidung: Das AG sieht sich gehindert, die außergerichtlichen Kosten einem Beteiligten aufzuerlegen

Der Gerichtsvollzieher sei im Erinnerungsverfahren keine Partei, so dass er als Kostenschuldner nicht in Betracht komme (Hinweis auf BGH NJW 2004, 2979 unter II 5). Aber auch eine Entscheidung zu Lasten des S sei nicht möglich, da es sich im Fall um eine sogenannte einseitiges Erinnerungsverfahren nach § 766 II ZPO handele. In diesem Verfahren sei eine Kostenentscheidung zu Lasten eines Schuldners nicht zulässig (Hinweis auf Herget in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 766 Rn. 34). Und auch eine Kostenentscheidung zu Lasten der Staatskasse sei schließlich nicht zulässig (Hinweis auf OLG Hamm DGVZ 1994, 27).

Praxishinweis

Die Entscheidungsaussagen entsprechen nicht vollständig der hM. Danach ist es zwar nicht zulässig, die Kosten des Erinnerungsverfahrens dem Gerichtsvollzieher aufzuerlegen. Denn der Gerichtsvollzieher ist Organ der Zwangsvollstreckung und kann deshalb in der Regel nicht Partei (und Kostenschuldner) sein. Und auch eine Kostenentscheidung zu Lasten der Landeskasse soll nicht in Betracht kommen können. Beim Schuldner ist es aber anders. Diesem soll man durchaus die Kosten auferlegen können. Nämlich dann, wenn er von dem Verfahren weiß und sich zur Sache äußern kann (BGH BeckRS 2015, 17681 Rn. 27; BGH NJW 2004, 2980 unter 2). Dies ist auch in der Sache gerechtfertigt, weil der Schuldner auf Grund der Nichterfüllung der titulierten Forderungen Veranlasser des vom Gläubiger eingeleiteten Verfahrens ist. Auf diese Kenntnis und Äußerungsmöglichkeit sollte jeder Gläubiger in seinem Kosteninteresse unbedingt achten und unter Hinweis auf den BGH hinwirken.

Die Tür und der Türrahmen standen iÜ nach § 5 I, II WEG im Eigentum sämtlicher Wohnungseigentümer, nicht im Eigentum des Vermieters. Den Schadensersatzanspruch müsste nach § 9a II WEG allerdings die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verfolgen. Der Wohnungseigentümer könnte aber durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ermächtigt werden. Ob der Verwalter für die Ermächtigung ohne Willensbildung der Wohnungseigentümer eine Vertretungsmacht nach § 9b I 1 WEG hätte, ist noch nicht ausgemacht. Näher liegt meines Erachtens, dem Verwalter hier Grenzen zu setzen und § 9b I 1 WEG einschränkend auszulegen.

AG Aalen, Beschluss vom 27.10.2021 - 3 M 291/21, BeckRS 2021, 34850