Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl
Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 10/2022 vom 20.05.2022
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Sachverhalt
In einem Zivilrechtsstreit wies der Einzelrichter auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage hin. Kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung beantragte der Anwalt der Klägerin eine Terminverlegung und stützte dies auf Grippesymptome (Husten, Heiserkeit, erhöhte Temperatur). Der Einzelrichter hielt das Vorbringen gerade auch vor dem Hintergrund des vorliegenden Sach- und Streitstandes für unzureichend und gab dem Anwalt am Termintag Gelegenheit, weiter vorzutragen und ein etwaiges Ergebnis eines Corona-Tests mitzuteilen. Da die Frist ohne weiteren Vortrag verstrich, lehnte der Richter eine Verlegung des Termins ab. In einem verspäteten Schriftsatz teilte der Anwalt mit, dass seine täglichen Corona-Selbsttests bislang negativ ausgefallen seien, dies eine Infektion aber nicht ausschließe. Unabhängig davon sei er jedenfalls kurzfristig an einem grippalen Infekt erkrankt, der die Anwesenheit ausschließe. Der Einzelrichter erließ schließlich gemäß dem Antrag der Beklagten ein Versäumnisurteil. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, zugleich lehnte sie den Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Nach Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs durch das LG legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein.
Entscheidung: Erhebliche Gründe für Terminverlegung nicht offensichtlich
Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Anerkanntermaßen begründe die Weigerung einer beantragten Terminverlegung regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht komme, die darzulegen und glaubhaft zu machen seien. Anders sei es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar ist und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt oder sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt.
Davon könne hier jedoch keine Rede sein. Ein offensichtlicher Grund für eine Terminverlegung sei weder rechtzeitig noch nachträglich ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Das Vorliegen unspezifischer Erkältungssymptome bei dem Anwalt der Klägerin, ohne erkennbare Folgen für die Möglichkeit zum Termin zu erscheinen, habe der abgelehnte Richter im Rahmen des ihm nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO zukommenden Ermessens als – noch – unzureichend werten dürfen.
Eine Besorgnis der Befangenheit ergebe sich auch nicht daraus, dass der abgelehnte Richter bei seiner Entscheidung, dem Verlegungsgesuch nicht unmittelbar stattzugeben, sondern zunächst auf eine Präzisierung und Glaubhaftmachung der Verhinderungsgrundes hinzuwirken, auch auf den «vorliegenden Sach- und Streitstand» verwiesen habe.
Praxishinweis
Die Corona-Pandemie führt zu häufigen Terminverlegungsanträgen. Das OLG Saarbrücken arbeitet heraus, welche Anforderungen an ein Terminverlegungsgesuch vom Gericht zulässigerweise gestellt werden können (siehe zur Thematik näher und ausführlich Baudewin und Scheffer, Die Terminsverlegung - Prozessführung in Zeiten der Corona-Pandemie, NJW 2021, 3495).
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.03.2022 - 5 W 17/22 (LG Saarbrücken), BeckRS 2022, 9020