Anmerkung von
Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH
Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 02/2021 vom 21.01.2021
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Sachverhalt
Am 20.3.2003 ließ die Beklagte im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens wegen offener Gewerbesteuerforderungen in Höhe von 50.123 EUR eine Zwangssicherungshypothek an einem Grundstück des Klägers eintragen. Mit Beschluss vom 13.6.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Am 10.6.2016 wurde dem Kläger die Restschuldbefreiung erteilt. Der Kläger verlangt nunmehr von der Beklagten die Erteilung einer Löschungsbewilligung hinsichtlich der Zwangssicherungshypothek, weil die durch sie gesicherte Forderung auf Dauer nicht mehr durchsetzbar sei. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger seinen Antrag auf Erteilung der Löschungsbewilligung weiter.
Entscheidung
Die Revision bleibt im Ergebnis erfolglos.
Grundlage des Begehrens des Klägers sei § 1169 BGB. Nach dieser Vorschrift könne der Grundstückseigentümer vom Hypothekengläubiger verlangen, auf die Hypothek zu verzichten, wenn ihm eine Einrede zustehe, durch welche die Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen werde. Statt eines Verzichts gem. § 1168 BGB, durch welchen die Hypothek auf den Eigentümer übergehe, könne der Eigentümer nach seiner Wahl auch die Bewilligung der Löschung der Hypothek gem. § 875 I BGB verlangen, denn der Hypothekengläubiger werde hierdurch nicht zusätzlich belastet (RGZ 91, 218). Mit der Rechtskraft eines stattgebenden Urteils gelte die Löschungsbewilligung als erteilt (§ 894 Satz 1 ZPO).
Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1169 BGB seien jedoch nicht erfüllt. Die dem Kläger gewährte Restschuldbefreiung stehe einer Geltendmachung der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragenen Zwangshypothek nicht entgegen.
Die Restschuldbefreiung diene dazu, den Schuldner von seinen im Insolvenzverfahren über sein Vermögen befriedigten Verbindlichkeiten zu befreien (§§ 1 Satz 2, 286 InsO). Sie wirke gegen alle Insolvenzgläubiger (§ 301 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Restschuldbefreiung führe, wie sich insbesondere aus § 301 Abs. 3 InsO ergebe, nicht zum Erlöschen der von ihr betroffenen Forderung. Diese werde vielmehr zu einer unvollkommenen Verbindlichkeit, zu einer Naturalobligation, die weiterhin erfüllbar, aber nicht erzwingbar sei (vgl. BGH WM 2020, 1313). Eine Hypothek, die eine Insolvenzforderung sichere, gehe folglich durch die Erteilung der Restschuldbefreiung nicht gem. § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den Eigentümer über. Gem. § 301 Abs. 2 Satz 1 InsO werden die Rechte der Insolvenzgläubiger aus einem Recht, das im Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtige, durch die Restschuldbefreiung auch im Übrigen nicht berührt. Die Hypothek berechtigte zur Befriedigung aus dem belasteten Grundstück (vgl. § 1113 Abs. 1 BGB). Im Insolvenzverfahren berechtige sie gem. § 49 InsO zur abgesonderten Befriedigung. Für eine Zwangshypothek gelte insofern nichts anderes für rechtsgeschäftlich bestellte Hypotheken. Sie falle ebenfalls unter § 49 InsO (vgl. BGHZ 166, 74).
Praxishinweis
Die Zwangshypothek ist nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, auf das § 49 InsO verweist, nämlich gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZGV ein Recht an einem Grundstück (vgl. etwa Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 10 Rn. 49). Damit unterfällt sie § 301 Abs. 2 Satz 1 InsO. Sie bleibt von der Restschuldbefreiung unberührt. Der Gläubiger kann aus ihr während des Insolvenzverfahrens, nach Freigabe des Grundstücks durch den Verwalter, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung vollstrecken. Hierauf wies der BGH nochmals ausdrücklich hin.
BGH, Urteil vom 10.10.2020 - IX ZR 24/20 (OLG Koblenz), BeckRS 2020, 36576