Kolumne
Jodeljura
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© NJW/Harald Schnauder

Die Vorsitzende des Deutschen Juristen-Fakultätentages hat in der FAZ den Jura-Bachelor als „Jodel-Diplom“ und als „Loser-Abschluss“ bezeichnet. Der Inhalt und der herablassende Ton ihrer Streitschrift haben eine heftige Debatte mit zahlreichen Erwiderungen ausgelöst. Was der scharf geführten Diskussion jetzt noch fehlt, ist eine Glosse.

21. Jul 2022

Bayerisches Brauchtum muss gerade viel Spott ertragen. Beim G7-Gipfel schickte der Freistaat bei der Landung von US-Präsident Joe Biden eine Trachtengruppe als Empfangskomitee zum Flughafen. Es folgten ein veritables Fremdschämen im Netz und eine Titelseite der „taz“ mit der Schlagzeile zu dem Bild: „Endlich indigene Völker beim G7-Gipfel.“ Später filmte ein CNN-Korrespondent am Rande des Treffens zwei junge Buben, die in einer Fußgängerzone den traditionellen Schuhplattler tanzten. Das Video ging natürlich viral. Gefühlt machte sich die halbe Welt lustig über die bayerische Folklore.

Und dann bezeichnete auch noch die Vorsitzende des altehrwürdigen Deutschen Juristen-Fakultätentages in der FAZ den Jura-Bachelor als „Jodel-Diplom“. Sapperlot, war da was los. Immerhin stellte sie nicht das bayerische Staatsexamen auf eine Stufe mit der alpinen Volksmusik – niemand bildet sich schließlich so viel ein auf seine juristischen Prüfungen wie der Freistaat. „Jodel-Diplom“ war in dem Beitrag übrigens die freundliche Beschreibung für den Bachelor. Später im Text wurde er auch noch als „Loser-Abschluss“ tituliert. Mag man auch mit guten Gründen gegen ihn streiten – die Formulierungen der Juraprofessorin waren schon arg herablassend.

Gegen ihre „steilen Thesen“, so eine Erwiderung im Verfassungsblog, erhob sich sogleich zahlreicher Widerspruch (ihre steilste These aus meiner Sicht war übrigens die Aussage, dass „Jura in Worte gekleidete Mathematik ist“). Eine kurze Zählung aller Diskussionsbeiträge zum Thema ergab eine deutliche Mehrheit für den integrierten Bachelor, auch unter den Professorinnen und Professoren. Zudem deuten weitere aktuelle Entwicklungen darauf hin, dass die Streitschrift einer zunehmenden Verbreitung des Bachelors nichts anhaben kann. Er wird schon an einer ganzen Reihe von Jurafakultäten angeboten, andere arbeiten an seiner Einführung. Außerdem sind gerade in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein Koalitionsverträge geschlossen worden, die den integrierten Bachelor vorsehen. Die schwarz-grüne Koalition in Düsseldorf ist schon wild entschlossen, die in Kiel will den Abschluss zumindest prüfen.

Eins hat der Beitrag aber erreicht: Er hat mit der Bezeichnung als „Jodel-Diplom“ dem Jura-Bachelor einen Stempel aufgedrückt, den er, so fürchte ich, so schnell nicht wieder loswird: Was dagegen tun? Vielleicht sollte man den Titel nicht abwertend, sondern einfach als etwas Besonderes verstehen. Es können hierzulande sicher deutlich mehr Leute Jura als jodeln.

Oder man macht tatsächlich ernst mit Jodeljura. Vor vielen Jahren rappte mal ein Kölner Hochschullehrer den § 823 BGB, damit den Studierenden „die schwierige Lektion besser im Hirn klebt“ (so seinerzeit der Spiegel zu der Aktion, die noch auf Youtube bestaunt werden kann). Wenn Sprechgesang gut zur Vermittlung des Deliktsrechts taugt, lässt sich der Lautsilbengesang vielleicht für das Sachenrecht oder andere Bereiche nutzen.

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Tobias Freudenberg ist Rechtsanwalt und Schriftleiter der NJW, Frankfurt a. M.