NJW: Wenn wir richtig informiert sind, arbeitet die DFS in einem engen rechtlichen Rahmen. Durch welche Gesetze wird der abgesteckt?
Hercher: Die Arbeit der DFS wird durch Vorgaben auf vielen Regelungsebenen beeinflusst. Das fängt an bei Vorgaben der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), welche diese nach völkerrechtlichen Grundsätzen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland als ICAO-Mitglied macht. Diese Vorgaben und Empfehlungen hat die DFS als bundeseigenes Unternehmen aber ebenfalls zu berücksichtigen. Natürlich spielt auch das Sekundärrecht der EU eine sehr wichtige Rolle, etwa die Durchführungsverordnung (EU) 2017/373 oder die Durchführungsverordnung (EU) 923/2012. Hier gibt es aber noch eine Vielzahl weiterer relevanter Regelwerke. Daneben hält aber auch das nationale Recht zahlreiche Regelungen für uns bereit, insbesondere im Luftverkehrsgesetz, der Verordnung über die Durchführung der Flugsicherung oder der Luftverkehrs-Ordnung.
NJW: Was bedeutet das für die Rechtsfragen und -gebiete, mit denen Sie und Ihre Kollegen tagtäglich befasst sind?
Hercher: Das bedeutet, dass eine gute und enge Zusammenarbeit zwischen den – teilweise auf besondere rechtliche Aspekte spezialisierten – Juristinnen und Juristen in der DFS erforderlich ist, um hinsichtlich der sich stellenden Rechtsfragen immer up to date zu bleiben und einen guten Überblick über anstehende Rechtsänderungen zu behalten. Die Zusammenarbeit im Bereich Institutionelles und Recht (VR) der DFS, in dem unter anderem die Rechtsabteilung (VR/R) angesiedelt ist, funktioniert hierbei sehr gut und effizient. Aber auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus den betroffenen Fachbereichen muss man eng und gut zusammenarbeiten, um das Beste für die DFS herausholen zu können. Teamarbeit ist also unabdingbar.
NJW: Darüber hinaus haben Sie es aber sicherlich auch mit rechtlichen Problemen zu tun, die in jedem anderen Unternehmen auftauchen können, oder?
Hercher: Absolut richtig! Als beliehenes Unternehmen (vgl. §§ 31b, 27c LuftVG iVm § 1 FSAuftragsV) arbeitet die DFS in großen Teilen hoheitlich, allerdings beschäftigen uns auch rechtliche Fragestellungen, wie sie sich in jedem Unternehmen stellen können. Das reicht von der Frage betreffend die Formulierung einer Vertragsklausel über die Prüfung von Vertragswerken bis hin zu wettbewerbsrechtlichen oder kartellrechtlichen Fragen. Langeweile kommt jedenfalls auch hier nicht auf.
NJW: Mit wieviel Men- bzw. Womenpower arbeiten Sie diese ab?
Hercher: Die Rechtsabteilung (VR/R) hat insgesamt zehn Mitarbeitende, hiervon neun Volljuristen. Die ebenfalls dem Bereich Institutionelles und Recht (VR) zugeordnete Abteilung Europäische Regulierung (VR/E) beschäftigt unter anderem nochmal drei Volljuristinnen, die Abteilung Compliance und Risikomanagement (VR/C) zwei Volljuristinnen. Die Bereichsleitung selbst wird auch von einem erfahrenen Volljuristen wahrgenommen, der bei der Arbeit unter anderem von einem weiteren Kollegen unterstützt wird. Insgesamt sind somit 16 Volljuristen und Volljuristinnen in diesem Bereich beschäftigt.
NJW: Klimakleber sind aktuell ein großes Thema für die Flugsicherheit. Für Ihre Rechtsabteilung auch?
Hercher: Den direkten Kontakt mit den Klimaklebern haben natürlich unsere Kollegen in den Kontrolltürmen an den betroffenen Verkehrsflughäfen. Die Rechtsabteilung kommt gelegentlich im Rahmen eingeleiteter Ermittlungsverfahren mit den entsprechenden Vorfällen in Kontakt, ebenso bei der Ausarbeitung von Handlungsanleitungen oder Ähnlichem.
NJW: Ausweislich Ihrer Homepage benötige ich eine Genehmigung von der DFS, wenn ich Luftballons oder einen Drachen aufsteigen lassen will. Das müssen Sie uns erklären.
Hercher: Flugsicherung ist sonderpolizeiliches Tätigwerden und dient vor allem der Gefahrenabwehr; gesetzlicher Auftrag der DFS als Flugsicherungsorganisation ist es, den Luftverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln (vgl. § 27c I LuftVG). Da auch von einer größeren Anzahl Luftballons grundsätzlich Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs ausgehen können, ist bis zu einem bestimmten Abstand zu einer Kontrollzone der DFS – also einem geschützten und kontrollierten Luftraum um einen Verkehrsflughafen – eine Aufstiegsgenehmigung einzuholen. Auch wer auf die Idee kommen sollte, in der Nähe eines von der DFS kontrollierten Flughafens etwa einen Drachen steigen lassen zu wollen, sollte die Hinweise auf unserer Website berücksichtigen.
NJW: Die Dienstleistungen der DFS sind ja nicht kostenlos. Wenn eine Airline nicht zahlt, wird sie dann ein Fall für Ihre Rechtsabteilung?
Hercher: Die Durchsetzung von Forderungen obliegt grundsätzlich anderen Fachbereichen. Wenn es aber beispielsweise zu Festhaltemaßnahmen kommen soll, also das Luftfahrzeug eines Schuldners nicht mehr abheben darf, bis ausstehende Forderungen beglichen sind, wird gerne unser Rat eingeholt.
NJW: Referendarinnen und Referendare können ihre Pflichtstation bei Ihnen absolvieren. Was lernen sie dabei (kennen)?
Hercher: Wir bilden sehr gerne Referendarinnen und Referendare aus und tun dies scheinbar auch ziemlich gut, wenn ich so an das Feedback aus den letzten Jahren denke. Wir integrieren sie während der Ausbildung in unser Team und nehmen sie so oft es geht in Termine und Besprechungen mit. Wir versuchen immer, sie am „lebenden Fall“ mitarbeiten zu lassen, also aktiv ins Tagesgeschäft einzubinden. Daneben sind wir aber natürlich auch bestrebt, für das Zweite Staatsexamen besonders relevante Entscheidungsformen wie Ausgangs- und Widerspruchsbescheide zu behandeln, Urteile zu besprechen und Aktenvorträge zu ermöglichen. Außerdem versuchen wir, wenn hieran Interesse besteht, einen möglichst tiefen Einblick ins Unternehmen zu gewähren und etwa auch die Arbeit der Arbeitsrechtsabteilung oder der Fluglotsen zu zeigen.
NJW: Sind Sie so zur DFS gekommen?
Hercher: Bin ich! Ich hatte schon immer großes Interesse an der Zivilluftfahrt und habe mich im Rahmen meines Referendariats dann für die Wahlstation bei der DFS beworben. Ich hatte Glück und durfte dort drei tolle Monate verbringen. Nach dem Zweiten Staatsexamen und einer Initiativbewerbung war ich dann plötzlich Mitarbeiter und bin das – mit großer Freude – seit nun fast zehn Jahren.
NJW: Sollten sich angehende Juristen, die sich für eine Tätigkeit in der Rechtsabteilung der DFS interessieren, möglichst frühzeitige spezialisieren, oder gilt auch bei Ihnen „Learning by Doing“?
Hercher: Es stellen sich – wie ich immer wieder selbst merke – öfters Rechtsfragen, auf die einen ohnehin niemand wirklich vorbereiten kann. Insofern ist meines Erachtens ein Interesse an der Arbeit der DFS und die Bereitschaft, von den Kolleginnen und Kollegen zu lernen, viel wichtiger als eine Spezialisierung während des Studiums oder Referendariats. Aber ohne ordentliche Rechtskenntnisse geht es natürlich auch nicht.
NJW: Die Tätigkeit als Justiziar bei der DFS ist besonders attraktiv, weil …
Hercher: … man in einem internationalen Umfeld mit Menschen aus vielen Kulturen und Fachrichtungen – vom Luftfahrtingenieur über den Physiker bis zum Steuerberater – zusammenarbeiten kann, mit einer Vielzahl sehr interessanter Fragen konfrontiert wird, und das Ganze dann auch noch im Bereich der Luftfahrt. Besser geht es kaum!
Sein Jura-Studium und auch die Promotion absolvierte Dr. Philipp Hercher, LL.M. (VUW),an der Philipps-Universität Marburg. Anschließend durchlief er einen Master-Studiengang an der Victoria University of Wellington (Neuseeland), um zurück in Deutschland seinen juristischen Vorbereitungsdienst beim LG Gießen abzuleisten. Seit Juli 2015 ist Hercher Mitarbeiter der Rechtsabteilung (VR/R) der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH; ein halbes Jahr später wurde er als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) zugelassen.
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