Während das BAMF immer besser wurde, wachsen in den Verwaltungsgerichten seit Jahren die Aktenberge. 2021 dauerte ein erstinstanzliches Hauptsacheverfahren durchschnittlich 26,5 Monate, Tendenz leicht steigend. Da überrascht es nicht, dass der Bundestag kürzlich über ein Gesetz zur Beschleunigung von Asyl- und Asylgerichtsverfahren debattiert hat. Dies ist zuerst einmal ein Selbstzweck, gewinnt jedoch an Brisanz durch die Diskussion über ein Chancenaufenthaltsrecht: Ausreisepflichtige Personen sollen den Aufenthalt schneller legalisieren können.
Davon profitieren im Sinn einer Altfallregelung zuerst einmal all jene, die spätestens im Jahr 2016 eingereist sind. Daneben will die Ampelkoalition die Wartezeiten dauerhaft senken. Junge Menschen bis 26 Jahren, deren Asylantrag abgelehnt wurde, sollen künftig nach drei Jahren legal hier bleiben dürfen, wenn sie „gut integriert“ sind, weil sie etwa eine Ausbildung absolvierten. Bei Älteren soll dies nach vier bzw. sechs Jahren möglich sein, wenn sie höchstens zur Hälfte von Sozialleistungen leben. Die Crux ist nun, dass diese Wartezeiten ab der Einreise zu laufen beginnen – und nicht ab Rechtskraft. Die Politik macht es sich daher zu einfach, wenn sie das Vorhaben damit rechtfertigt, dass man „Kettenduldungen“ vermeiden will. Die Statistik zeigt uns, dass dies so nicht stimmt. Addiert man die Dauer von Asyl- und Gerichtsverfahren, kommt man schnell auf drei Jahre und mehr. Das Gros geht dabei auf das Konto der Gerichte. Das erklärt, warum Teile der Ampelkoalition die Legalisierung mit der Verfahrensbeschleunigung verknüpfen. Nur wenn die Gerichte schneller werden, verhindert man, dass eine Abschiebung künftig in vielen Fällen nur noch kurze Zeit besteht. Das Beschleunigungsgesetz leistet hierzu allerdings nur einen kleinen Beitrag. Es enthält zahlreiche Detailregelungen, die man schon längst hätte verabschieden können. Daneben kann eine unabhängige Verfahrensberatung die Qualität und Akzeptanz der Verfahren erhöhen, dürfte jedoch die hohe Klagequote von beinahe 90 % kaum senken, weil sonst eine Abschiebung droht, lange bevor eine Legalisierung möglich wird.
Das spannendste Instrument ist eine Tatsachenrevision vor dem BVerwG für die Situation in wichtigen Herkunftsländern. Das kann die Kohärenz der Asyljudikatur verbessern und mittelfristig dazu beitragen, dass die Instanzgerichte ihre Ressourcen effizienter einsetzen. Den Aktenberg von über 130.000 Verfahren wird dies aber nicht so schnell abbauen, zumal die Asylantragszahl derzeit wieder steigt. Eins dürfte daher feststehen: Die Gerichte werden auch künftig stärker im Fokus stehen.
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