NJW-Editorial
Geldwäsche-Compliance-Albtraum
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Mit Kanonen auf Spatzen schießen. Das ist das Bild der deutschen Geldwäschebekämpfung seit 1998. Doch reibt sich der Beobachter deutscher Geldwäschebekämpfungspolitik nun verwundert die Augen: Einerseits passierte am 11.2.2021 eine Novelle des Strafrechts den Bundestag, die Geldwäschebekämpfung um jeden Preis suggeriert. Andererseits gründet eine Landesregierung die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“, die aus Sicht der Geldwäsche-Compliance eine kühne Konstruktion ist.


18. Mrz 2021

Laut Satzung soll sie einer ganzen Reihe unterschiedlicher Interessen des Umweltschutzes dienen. Aber sie soll auch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb errichten und unterhalten, um die Vollendung des Pipelineprojekts Nord Stream 2 zu ermöglichen. Der Geschäftsbetrieb soll darin bestehen, Baumaterialien und Waren wie Maschinen einzukaufen und Firmen zur Verfügung zu stellen, um sie vor exterritorialen Sanktionen der USA zu schützen.

Aus Sicht der Geldwäsche-Compliance ist das eine kühne Konstruktion. Eine von einem deutschen Bundesland mit 200.000 Euro gegründete Stiftung soll mit einem Kapitalanteil von mehr als 99,7 % aus einem Unternehmen (Nord Stream 2 AG) aus einer Branche gespeist werden, die als besonders korruptionsanfällig gilt. Als "Anteilseigner" wird auf der Unternehmenshomepage eine Gesellschaft (Gazprom) aus dem Geldwäsche-Hochrisikostaat Russland (vgl. "Erste Nationalen Risikoanalyse 2018/2019", Anl. 4) genannt. Sie wiederum wird zu 50,002 % von der Russischen Föderation gehalten, die damit auch mehr als 25 % der Stimmrechte an der Nord Stream 2 AG innehat. Als wirtschaftlich Berechtigten wird man hier nach § 3 II 5 GwG den Staatspräsidenten ausmachen müssen; zweifellos eine politisch exponierte Person im Sinne von § 1 XII Nr. 1a GwG. Dass der Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG als enger Vertrauter des Präsidenten der Russischen Föderation gilt, macht auch ihn zu einer politisch exponierten Person (§ 1 XIV Nr. 2 GwG).

Bei dieser Häufung von Geldwäscherisikofaktoren wird ein Compliance-Officer einer Bank - nach dem Gebot der Vorsicht und mit der Privilegierung von § 48 GwG im Rücken - jede Transaktion unter Beteiligung dieser Stiftung als Verdachtsfall an die FIU melden. Nicht zuletzt, weil die Stiftung dem Verdacht ausgesetzt ist, der Verschleierung von Geschäftstätigkeiten zu dienen. Selbst wenn keiner der Beteiligten - denen allen nur Gesetzestreue unterstellt werden darf - beabsichtigt, Geldwäsche zu betreiben, und keine Verdachtsanzeige zu strafrechtlichen Ermittlungen führen sollte: Ein solches Konstrukt ist ein Compliance-Albtraum. Zudem wird diese Stiftung kaum zur Zufriedenheit der FATF mit den deutschen Bemühungen um die Geldwäschebekämpfung beitragen. Dort wird man sich fragen: Wie ernst meint es Deutschland mit der Geldwäsche-Compliance wirklich? .

Prof. Dr. Jens Bülte lehrt Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht an der Universität Mannheim.