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Arbeitszeugnis in der Zwangsvollstreckung
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Einigt man sich in einem Prozessvergleich auf eine Zeugnisklausel, sollte diese zur Anspruchsdurchsetzung vollstreckbar sein. Arbeitgebende müssen aber vor überbordenden Zwangsmitteln geschützt werden. Welche Klauselinhalte sind also vollstreckbar?

15. Apr 2025

Bei der Verhandlung arbeitsgerichtlicher Beendigungsvergleiche stehen meist finanzielle Aspekte, insbesondere die Abfindung, im Fokus. Haben sich die Parteien hierauf geeinigt, geht es noch um „Nebenkriegsschauplätze“, insbesondere das Arbeitszeugnis, auf das Arbeitnehmende einen Anspruch haben (insb. § 109 GewO). Inhaltliche Vorgaben zum Zeugnisinhalt sind in den Gesetzen aber rar. Dementsprechend vielseitig sind die Gestaltungsmöglichkeiten. Sie reichen von einer kurzen Klarstellung, dass beispielsweise ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen ist, über Regelungen zur Benotung bis hin zu ganzen Textpassagen.

Wann sind Zeugnisklauseln vollstreckbar?

Gerichtliche Vergleiche sind auch Vollstreckungstitel. Zur Vollstreckung müssen Vergleiche hinreichend bestimmte Inhalte vorsehen. Wenngleich gewisse „Floskeln“ im Vergleich als Leitlinie für einen Zeugnisentwurf sinnvoll sind und eine etwaige Vollstreckung nicht zwingend im Mittelpunkt von Vergleichsverhandlungen steht, stellt sich dennoch die Frage, welchen Inhalt eine Zeugnisklausel haben muss, um im Zweifel vollstreckbar zu sein. Im Ausgangspunkt besteht ein Spannungsverhältnis: Einerseits sollen Ansprüche für Arbeitnehmende effektiv durchsetzbar sein. Andererseits droht Arbeitgebenden bei Unklarheiten die Verlagerung des Rechtsstreits in das Vollstreckungsverfahren und die Verhängung von Zwangsgeldern (§ 888 ZPO; vgl. BAG NZA 2012, 1244 mwN).

Vollstreckbar sind Zeugnisklauseln vor allem dann, wenn im Vergleich schlichtweg festgelegt wird, dass etwa ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen ist. Dessen Inhalt ist gesetzlich geregelt. Darauf werden sich Arbeitnehmende aber in der Regel nicht einlassen, da dann keine Aussagen über konkrete Noten oder Formulierungen getroffen werden. Am anderen Ende des Spektrums dürfte eine hinreichende Bestimmtheit auch dann vorliegen, wenn die Parteien den Zeugnistext vollumfänglich in den Vergleich aufnehmen. Auch das kommt in der Praxis jedoch eher selten vor, sind doch gerade die Gütetermine meist zeitlich zu eng getaktet, um sich der Ausformulierung eines Arbeitszeugnisses zu widmen. Schwieriger wird die Frage bei den – praktisch relevanteren – „hybriden“ Klauseln. Was gilt, wenn die Parteien ein „wohlwollendes“ oder „dem beruflichen Fortkommen dienliches“ qualifiziertes Zeugnis vereinbaren? In beiden Fällen fehlt es – jedenfalls ohne zusätzlichen Kontext – an der hinreichenden Bestimmtheit (LAG Sachsen NZA-RR 2013, 215 mwN). Und wenn sich die Parteien auf eine bestimmte Note einigen, bspw. eine „gute“ Leistungs- und Verhaltensbeurteilung? Auch insoweit fehlt es an einem vollstreckungsfähigen Inhalt (BAG ZAT 2017, 63).

Auch einzelne Textpassagen sind vollstreckbar

Mit einer ausführlicheren Klausel hatte sich das LAG Rheinland-Pfalz jüngst auseinanderzusetzen (Beschl. v. 24.1.​2025 – 5 Ta 1/25, BeckRS 2025, 1934). Die Parteien in diesem Verfahren hatten sich auf ein „wohlwollend qualifiziertes Zeugnis […], mit der Leistungsbewertung ‚stets zu unserer vollen Zufriedenheit‘ und der Verhaltensbewertung ‚stets einwandfrei‘, welches mit einer Dankes-, Gruß- und Wunschformel abschließt“ geeinigt. Die „Schlussformel“ ist regelmäßig hinreichend bestimmt, selbst wenn sich die Parteien nur auf eine „übliche“ Dankes- und Bedauernsformel einigen (LAG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 5.4.​2018 – 9 Ta 1625/17, BeckRS 2018, 9551). Aber auch die inhaltlichen Ausführungen zur Verhaltens- und Leistungsbeurteilung sah das LAG Rheinland-Pfalz als hinreichend bestimmt an, denn die Parteien hatten nicht nur eine bloße Note, sondern den der Gesamtbeurteilung zugrunde liegenden Wortlaut des Zeugnistextes festgelegt.

Schwieriger dürfte es bei Klauseln der vorgenannten Art sein, die – aus den Formulierungen herrührenden – Noten auch für alle übrigen Formulierungen im Zeugnistext per Vollstreckung durchzusetzen. Das gilt im Fall fehlender konkreter Textpassagen im Vergleich insbesondere, weil Arbeitgebenden angesichts des Grundsatzes der Zeugniswahrheit die Entscheidung darüber vorbehalten bleibt, welche positiven oder negativen Leistungen im Zeugnis hervorgehoben werden sollen (BAG NZA 2012, 1244 mwN). Fehlt es an der Vollstreckbarkeit der Zeugnisklausel, bleibt nur die Erhebung einer Zeugnisberichtigungsklage in einem neuen Erkenntnisverfahren. 

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Rechtsanwalt Ruven Bäsemann ist Senior Associate bei Graf von Westphalen, Düsseldorf.