Eigentlich ist sich die Verlagsbranche beim Thema Nachhaltigkeit einig: Sie ist gefordert, auf sich verändernde Kundenbedürfnisse zu reagieren, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen sowie regulatorische Richtlinien umzusetzen. Das ist ein Ergebnis der Studie „Verlagstrends 2023“, die KPMG in Kooperation mit dem MVFP Medienverband der freien Presse e. V. erstellt hat. Die Analyse hat Nachhaltigkeit als Fokusthema der Branche identifiziert, zugleich aber auch gezeigt, dass es trotz vieler Maßnahmen in den letzten Jahren weiterhin Luft nach oben gibt. Nur 46 % der befragten Verlage haben eine klare Nachhaltigkeitsstrategie und gerade mal für 41 % ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Bestandteil bei der Schulung und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch ein weitreichendes Reporting entlang der ESG-Dimensionen wird nur von rund 20 % praktiziert.
Papierproduktion
Wie sieht es beim Verlag C.H.Beck und der NJW-Redaktion aus? Trotz der beständig voranschreitenden Digitalisierung liegt der mit Abstand größte Energieaufwand in der Wertschöpfungskette weiterhin in der Papierherstellung. Bei den Verlagsprodukten kommen daher nur Papiere zum Einsatz, die aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen bzw. aus Recyclingmaterial hergestellt sind. Zudem erfolgt die Produktion von Büchern und Zeitschriften unter Berücksichtigung einer nachhaltigen Wertschöpfungskette und dem Einsatz umweltschonender Materialien. Bei Neuerscheinungen wird weitgehend auf umweltbelastende Kunststofffolien verzichtet. Zudem bilanziert der Verlag die durch die Printproduktion entstehenden CO2-Emissionen und ermöglicht über die Finanzierung eines Klimaschutzprojekts CO2-Einsparungen in gleicher Höhe.
Die Nördlinger Verlagsdruckerei ist nach dem Energiemanagement Standard DIN ISO 50001:2018 zertifiziert und betreibt in allen Funktionsbereichen ein systematisches Energiemanagement. Der Paketversand aus der verlagseigenen Auslieferung sowie für den verlagseigenen Online-Shop beck-shop.de erfolgt klimafreundlich über DHL GoGreen. Papierreste aus dem Druckereibetrieb in Nördlingen dienen als Polstermaterial in den Paketen.
Hauptamtliche Nachhaltigkeitsbeauftragte
Auch jenseits der Verlagsproduktion hat das Thema einen hohen Stellenwert. Seit Anfang Juli dieses Jahres hat der Verlag mit Angelina Binder eine hauptamtliche Nachhaltigkeitsbeauftragte. Sie ist als Stabsstelle direkt an die Geschäftsleitung angegliedert und koordiniert gemeinsam mit dieser alle Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Mediengruppe. Ihr Ziel als Nachhaltigkeitsbeauftragte ist es, ökologische Verantwortung als feste Größe in der Unternehmenskultur und Ressourcennutzung zu verankern. Dazu sollen nachhaltige Praktiken im Unternehmen gefördert und abteilungsübergreifend Wissen gebündelt werden. Aktuelle Projekte sind die Ausarbeitung von Leitlinien (einer Nachhaltigkeitsstrategie) sowie die Entwicklung von Schlüsselkennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs), anhand derer der Fortschritt und der Erfüllungsgrad hinsichtlich nachhaltiger Zielsetzungen ermittelt werden kann.
Auch da, wo man schon gut ist, will man noch besser werden. In den Standorten in München, Frankfurt a. M. und Baden-Baden sowie in den Rechenzentren von beck-online kommt bereits ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen zum Einsatz. Die Energie kommt aus Wasserkraft und Photovoltaik in Bayern und Österreich. Ziel ist es, bis 2026 die gesamte Verlagsgruppe auf „grünen Strom“ umzustellen.
Ökozertifizierte Redaktion
Die Frankfurter Verlagsniederlassung, zu der auch die NJW-Redaktion gehört, erhielt vor gut einem Jahr im Rahmen eines ooperationsprojekts zwischen Kommunen und der örtlichen Wirtschaft zur Betriebskostensenkung unter gleichzeitiger Schonung der natürlichen Ressourcen (Wasser, Energie etc.) die Ökoprofit-Zertifizierung. Im Rahmen des Projekts werden Unternehmen über ein Jahr beim Einstieg in das betriebliche Energie-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement beraten sowie bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen unterstützt. Das Programm beruht auf Eigeninitiative der Betriebe und verfolgt Nachhaltigkeitsziele auf drei Ebenen: Reduzierung des Ressourcenverbrauchs durch den Einsatz besserer Umwelttechnik (Ökologie). Senkung der Betriebskosten durch die Nutzung innovativer Technologien (Ökonomie). Steigerung der Mitarbeitermotivation und Optimierung des Arbeitsschutzes (Soziales). Nach einjähriger Projektdauer werden die teilnehmenden Betriebe anhand eines Kriterienkatalogs (unter anderem erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen, ambitioniertes Umweltprogramm, Umweltpolitik, Umweltteam, Verwendung von Kennzahlen etc.) geprüft und von der Stadt für ihre Leistungen ausgezeichnet.
Ökoteam
In der Frankfurter Verlagsniederlassung wurde im Rahmen des Programms ein sogenanntes Ökoteam gegründet, dem vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angehören. Sie haben sich zunächst alle Verbrauche und ihre jahreszeitlichen Schwankungen angesehen. Im Hinblick auf deren Umweltfolgen wurden unter anderem die Treibhausgasemissionen bewertet und bilanziert.
Der Stromverbrauch konnte in den letzten Jahren kontinuierlich durch stromsparende Technik gesenkt werden. Dazu zählen die regelmäßige Modernisierung der IT-Hardware sowie die Umstellung auf LED-Beleuchtung, der Einbau von Bewegungs- und Tageslichtsensoren und eine Optimierung der Klimaanlage (die ohnehin nur in Büros mit direkter Südausrichtung und großen Fensterflächen installiert ist). Derzeit noch in der Prüfung ist die Installation einer Photovoltaikanlage auf der Dachfläche. Die Prüfung des Gasverbrauchs offenbarte, dass die Verteilungsstruktur (Heizwasser) nicht gut eingestellt war. Daher laufen derzeit Vorarbeiten, um einen hydraulischen Abgleich der Heizung zu beauftragen. Der Einbau einer Wärmepumpe, die Raumwärme aus der Umgebungswärme bereitstellt, wird geprüft.
In einem Verlag wird nicht nur durch den Druck von Zeitschriften und Büchern viel Papier verbraucht. Der Bedarf resultiert unter anderem aus dem Druck von Manuskripten, Umbrüchen und Layoutentwürfen. Zudem werden in großem Umfang Druckerzeugnisse bezogen, um diese unter anderem für das Wissensmanagement der Redaktion auszuwerten und zu archivieren. Letzteres wurde inzwischen nahezu vollständig digitalisiert. Es wird nur noch als Print bezogen, was es nicht digital gibt. Der Papierverbrauch durch Ausdrucke konnte maßgeblich reduziert werden, indem Voreinstellungen bei den Druckern im Hinblick auf eine sparsamere Nutzung umgestellt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisiert wurden.
In der Prüfphase sind aktuell noch einige Maßnahmen rund um das Redaktionsgebäude. Unter anderem wurde ein Gutachten zur Gebäudehülle im Hinblick auf Dämmung von Dach und Fassade und zur Heizungsanlage beauftragt. Zudem wird eine Fassadenbegrünung geprüft, mit der der Kühlbedarf reduziert werden könnte. Mit diesem Ziel wird ebenfalls eine Dachbegrünung geprüft, die neben der Kühlung auch die Artenvielfalt unterstützen würde.
Im Rahmen der Ökoprofit-Zertifizierung wurden in der Frankfurter Verlagsniederlassung folgende Einsparungen pro Jahr ermittelt: Strom 12.432 kWh; Kohlendioxid 21.364 kg; Papier: 400.000 Blatt; Papierabfall 350 kg.
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