Nachdem die am 1.6.2008 eingeführte Möglichkeit einer nachträglichen Behördenanfechtung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen im Jahr 2013 vom BVerfG für verfassungswidrig und nichtig erklärt worden war (NJW 2014, 1364) und sich das am 29.7.2017 eingeführte Verfahren zur präventiven Verhinderung entsprechender Vaterschaftsanerkennungen ebenfalls nicht bewährt hat, unternimmt der Referentenentwurf nun einen dritten Versuch, missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen effektiv und rechtssicher zu verhindern. Dabei ist vor allem zu begrüßen, dass die vorgeschlagenen Neuregelungen maßgeblich auf vielfältigen Rückmeldungen aus der Praxis beruhen.
Die aktuelle Rechtslage sieht ein zweistufiges Verfahren vor, um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen zu verhindern, wobei die erste Stufe bereits an den Beurkundungsprozess anknüpft. § 1597a BGB erlegt den Beurkundungsstellen dabei umfassende Sachverhaltsermittlungspflichten und -würdigungen auf, die dem Aufenthaltsrecht zuzurechnen und daher völlig fachfremd sind. Dementsprechend werden mögliche Problemfälle schon in dieser Phase entweder gar nicht erkannt oder können häufig nicht adäquat eingeordnet werden. Erst bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung darf das Beurkundungsverfahren ausgesetzt und der Fall zur abschließenden Prüfung an die zuständige Ausländerbehörde übergeben werden. Diese hat in der zweiten Stufe nach weiterer Sachverhaltsermittlung und erneuter Prüfung eine abschließende und bindende Feststellung zum (Nicht-)Vorliegen einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung zu treffen.
Dieses Verfahren hat sowohl bei Beurkundungsstellen als auch bei Ausländerbehörden große Unsicherheiten im Umgang mit entsprechenden Fällen hervorgerufen. Zudem wird eine Vaterschaftsanerkennung derzeit wirksam, sobald die hierfür erforderlichen Erklärungen – neben der Vaterschaftsanerkennung in der Regel die Zustimmungserklärung der Mutter – öffentlich beurkundet worden sind. Selbst bei nachträglicher Kenntnis von der Missbräuchlichkeit der Erklärungen ändert sich hieran nichts. Mangels entsprechender Regelungen ist auch ein vorsätzliches Verhalten der Erklärenden nicht strafrechtlich relevant.
Der Entwurf löst diese Probleme dahingehend, dass er einerseits § 1597a BGB streicht und die Beurkundungsstellen wieder vollständig von der fachfremden Missbrauchsprüfung entlastet. Andererseits schreibt er für Fälle, in denen zwischen dem Anerkennenden und der Mutter ein „aufenthaltsrechtliches Gefälle“ besteht, die Zustimmung der Ausländerbehörde als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Vaterschaftsanerkennung vor. Ob eine solche erforderlich ist, soll künftig das Standesamt prüfen, das den Geburtseintrag des Kindes führt, bevor der Anerkennende als Vater des Kindes in das Geburtenregister eingetragen wird. Selbst bei Vorliegen eines „aufenthaltsrechtlichen Gefälles“ entfällt das Zustimmungserfordernis der Ausländerbehörde jedoch immer, wenn die leibliche Abstammung des Kindes vom Anerkennenden nachgewiesen wird. Der Entwurf sieht vor, dass die Zustimmung der Ausländerbehörde von dem Anerkennenden und der Mutter beantragt werden muss, woraus sich künftig umfassende Mitwirkungspflichten ergeben, die bei Nichterfüllung zur Ablehnung der Zustimmung führen können. Für die durch die Ausländerbehörde durchzuführende konkrete Missbrauchsprüfung enthält die vorgeschlagene Neufassung von § 85a AufenthG einerseits einen Katalog relevanter Konstellationen für „aufenthaltsrechtliche Gefälle“, andererseits verschiedene Vermutungstatbestände, die in solchen Fällen für oder gegen die Missbräuchlichkeit einer Vaterschaftsanerkennung sprechen. Schließlich soll die Möglichkeit der Rücknahme einer Zustimmung eingeführt werden, sofern diese durch Arglist, Bestechung, Drohung oder vorsätzliche falsche Angaben erwirkt worden ist. Flankierend soll für dieses Verhalten auch ein neuer Straftatbestand geschaffen werden.
Gelungen mit Raum für Diskussionen
Auch wenn einzelne Regelungsvorschläge im laufenden Verfahren noch diskussionswürdig sind, etwa die Fallgruppen für das zentrale Anknüpfungskriterium des „aufenthaltsrechtlichen Gefälles“, kann der Referentenentwurf als durchaus gelungen bezeichnet werden. Anders als viele andere Entwürfe im Bereich des Aufenthaltsrechts greift er Erfahrungen aus der Praxis unmittelbar auf und sucht einen vertretbaren Ausgleich zwischen den Interessen aller Beteiligter.
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