Urteilsanalyse
Formgerechte Begründung und Unterzeichnung der elektronisch als PDF-Dokument per beA übermittelten Revision
Urteilsanalyse
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Bei der von § 32d Satz 2 StPO vorgeschriebenen Übermittlung der Revisionsbegründung als elektronisches Dokument ist das Unterzeichnungserfordernis des § 345 Abs. 2 StPO nach einem Beschluss des BGH erfüllt, wenn das PDF-Dokument des verantwortenden Verteidigers maschinenschriftlich mit seinem bürgerlichen Namen schließt und per beA des Verteidigers übermittelt worden ist.

17. Jun 2022

Anmerkung von Rechtsanwältin Dr. Ruth Anthea Kienzerle, Ignor & Partner GbR, Berlin

Aus beck-fachdienst Strafrecht 12/2022 vom 17.06.2022

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Sachverhalt

Das OLG verurteilte die A wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Die hiergegen gerichtete Revision der A verwarf das OLG als unzulässig. Die jeweils über das beA der Verteidiger als elektronische PDF-Dokumente eingereichten Revisionsbegründungen, am Ende maschinenschriftlich mit dem Vor- und Familiennamen der Verteidiger versehen, seien nicht in der vorgeschriebenen Form angebracht. Es fehle an der gemäß § 345 Abs. 2 StPO erforderlichen Unterschrift. A beantragte daraufhin Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO.

Entscheidung

Der Senat hob den Beschluss des OLG auf und verwarf die zulässige Revision der A als unbegründet, da die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils aus den Gründen der Antragsschrift des GBA keinen Rechtsfehler erkennen lasse.

Nach § 32a Abs. 3 StPO müsse ein Dokument, das – wie eine Revisionsbegründung – schriftlich abzufassen und zu unterzeichnen sei, bei der Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, oder von der verantwortenden Person signiert und auf sicherem Übermittlungsweg eingereicht werden. Ein sicherer Übermittlungsweg sei gemäß § 32a Abs. 4 StPO die Übersendung per beA. Bei der von § 32d Satz 2 StPO vorgeschriebenen Übermittlung der Revisionsbegründung als elektronisches Dokument sei das Unterzeichnungserfordernis des § 345 Abs. 2 StPO mithin erfüllt, wenn das Dokument von dem verantwortenden Verteidiger einfach signiert und per beA übermittelt worden sei. Die maschinenschriftliche Anbringung des Namens unterhalb des Textes sei eine einfache Signatur. Eine eingescannte Unterschrift sei nicht erforderlich, allerdings bei Lesbarkeit eine andere mögliche Form der einfachen Signatur. Sofern sich der volle Name des Verteidigers dem Schriftsatz an anderer Stelle entnehmen lasse, etwa einem Briefkopf, und Verwechselungen ausgeschlossen seien, genüge für eine einfache Signatur auch die Wiedergabe des Familiennamens. Der Zusatz „Rechtsanwalt“ sei von Gesetzes wegen nicht erforderlich. Nach der Gesetzeskonzeption werde die Authentizität eines elektronischen Dokuments dadurch gewährleistet, dass die Person, die den elektronischen Schriftsatz verantwortet und signiert habe, diesen auf einem sicheren Übermittlungsweg, namentlich per beA, dem Gericht übersende. Erforderlich für eine formgerechte Revisionsbegründung sei deshalb, dass der Verteidiger, dessen Name als Signatur in der Begründungsschrift als verantwortende Person aufgeführt sei, selbst die Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg vornehme. Bei einer Übermittlung per beA müsse die Übertragung mithin über das Postfach dieses Verteidigers erfolgen und dieser - und nicht ein Kanzleimitarbeiter - der tatsächliche Versender sein. Schließlich müsse die elektronisch übermittelte Revisionsbegründung gemäß § 32a Abs. 2 S. 2 StPO ein Dokument im Dateiformat PDF sein.

Praxishinweis

Die Verurteilung der IS-Rückkehrerin Maryam A. ist mit diesem Beschluss rechtskräftig (s. FD-StrafR 2022, 449140). Von großer praktischer Bedeutung für Rechtsanwender ist die Entscheidung indes aus anderen Gründen:

Seit dem 1.1.2022 ist die elektronische Übermittlung bestimmter Schriftstücke an Gerichte und Strafverfolgungsbehörden gemäß § 32d Satz 2 StPO verpflichtend. Namentlich betrifft dies Rechtsmittel und ihre Begründungen. Seitdem lagen zwar einzelne obergerichtliche, aber keine höchstrichterlichen Entscheidungen zu diesbezüglichen Fragen der elektronischen Übermittlung und dem Unterzeichnungserfordernis in Verfahren nach der StPO vor. Dass sich der 3. Strafsenat nun klar zu einigen praxisrelevanten Fragen des elektronischen Rechtsverkehrs positioniert hat, ist zu begrüßen. Noch immer bestehen in der Praxis Unsicherheiten, wie der vorliegende Beschluss demonstriert: Seit dem 1.1.2020 normiert § 32a StPO das Einreichen elektronischer Dokumente (und ersetzt die Regelung in § 41a StPO a.F.). Für Dokumente, die „schriftlich abzufassen, zu unterschreiben oder zu unterzeichnen“ sind, gelten nun die die in § 32a Abs. 3 StPO normierten besonderen Anforderungen. Vorgeschrieben ist entweder eine qualifizierte elektronische Signatur, oder, dass das einfach signierte Schriftstück auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. Abs. 4 eingereicht wird, bspw. per beA nach § 31a BRAO. Während § 41a StPO a.F. nur die qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz vorsah, sind nun also zwei verschiedene Wege möglich, um den sicheren Identitätsnachweis zu führen und dem Unterzeichnungserfordernis bei Rechtsmitteln zu genügen.


BGH, Beschluss vom 03.05.2022 - 3 StR 89/22 (OLG Frankfurt a. M.), BeckRS 2022, 11872