Anmerkung von
Rechtsanwalt Nikolay Pramataroff, Rechtsanwältin Franziska Bordt, Rechtsanwälte Bub, Memminger & Partner, München
Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 01/2023 vom 19.01.2023
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Sachverhalt
Die Klägerin ist Mieterin einer preisfreien Wohnung der Beklagten in Berlin. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 28.05.2018 mit, dass sich die monatlich zu zahlende Grundmiete infolge von Modernisierungsmaßnahmen um 82 EUR erhöhe. Dem Schreiben war eine Anlage beigefügt, die weitgehend in tabellarischer Form Angaben über die durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen (Einbau einer Gasbrennwertzentralheizungsanlage sowie Wärmedämmung des Dachbodens und der obersten Geschossdecke), die hierfür jeweils angefallenen Gesamtkosten nebst separat ausgewiesenen Baunebenkosten, die von diesen Summen in Abzug zu bringenden Instandhaltungskosten sowie den verbleibenden umlagefähigen Modernisierungskostenanteil, den - anhand der Wohnfläche der Wohnung der Klägerin (54,81 m²) im Verhältnis zu der Gesamtwohnfläche (8.490,77 m²) ermittelten - auf die Klägerin entfallenden Modernisierungskostenanteil sowie die sich daraus ergebende Berechnung der Mieterhöhung und den verlangten Betrag enthält.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagten aus der Mieterhöhungserklärung kein Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Miete zusteht. Sowohl das Amtsgericht als auch das Berufungsgericht haben der Klägerin Recht gegeben. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidung
Die Revision hat Erfolg.
Nach § 559 Abs. 1 BGB aF könne der Vermieter nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen die jährliche Miete um 11 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Gemäß § 559b Abs. 1 BGB sei die Mieterhöhung dem Mieter in Textform zu erklären, wobei die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und entsprechend den Voraussetzungen der § 559 BGB aF, § 559a BGB zu erläutern sei.
Diesen Anforderungen werde die hier zu beurteilende Mieterhöhungserklärung gerecht. Weder fehle es an einer ausreichenden Darlegung, inwiefern die durchgeführten baulichen Veränderungen eine nach § 559 Abs. 1 BGB aF berücksichtigungsfähige Modernisierungsmaßnahme darstellen, noch mangele es an den weiteren aufgezeigten formellen Voraussetzungen. Insbesondere sei die Erhöhungserklärung nicht etwa deshalb in formeller Hinsicht unwirksam, weil die Beklagte die für die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen jeweils entstandenen Gesamtkosten im Rahmen der Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung nicht nach den einzelnen angefallenen Gewerken aufgeschlüsselt oder anderweitig untergliedert habe.
Eine Untergliederung der für eine Modernisierungsmaßnahme entstandenen Gesamtkosten in die Kosten der einzelnen Gewerke sei grundsätzlich auch dann nicht geboten, wenn sich ein bestimmtes im Zuge der Baumaßnahmen ausgeführtes Gewerk übergreifend auf mehrere Modernisierungsmaßnahmen beziehe und die Kosten dieses Gewerks daher zwecks Zuordnung zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen aufgeteilt werden müssen. Denn auch in diesem Fall führe die Angabe der für die einzelnen Gewerke angefallenen Kosten nicht zu einem maßgeblichen Erkenntnisgewinn für den Mieter. Auch könne der Mieter aus der Kostenaufschlüsselung keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen in den Gesamtkosten für die einzelne Modernisierungsmaßnahme enthaltenen Instandsetzungsanteil ziehen, weil bei einer modernisierenden Erneuerung von bestimmten Bauteilen oder Einrichtungen regelmäßig nicht etwa einzelne Gewerke oder auch nur voneinander trennbare Arbeitsschritte für die Erhaltung einerseits und die Modernisierung andererseits anfallen, sondern die Baumaßnahme im Ganzen dazu führe, dass eine andernfalls etwa erforderliche Erhaltungsmaßnahme entbehrlich wird.
Zudem würden die Erläuterung gemäß § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht dazu dienen, dem Mieter eine umfassende Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der vom Vermieter ermittelten Mieterhöhung zu ermöglichen, sondern müssten lediglich den Zweck erfüllen, dass der Mieter den Grund und den Umfang der Mieterhöhung als plausibel nachvollziehen könne. Dieser Zweck werde durch die Angabe der Gesamtkosten für jede einzelne Modernisierungsmaßnahme hinreichend erfüllt. Das Formerfordernis nach § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB sei kein Selbstzweck.
Es sei daher ausreichend, wenn der Vermieter in der Erhöhungserklärung - wie hier geschehen - die für eine bestimmte Modernisierungsmaßnahme angefallenen Kosten als Gesamtsumme ausweise und einen seiner Meinung nach in den Gesamtkosten enthaltenen Instandsetzungsanteil durch die Angabe einer Quote oder - wie hier - eines bezifferten Betrags kenntlich mache. Das gelte erst recht, wenn der Vermieter - wie hier - die Ermittlung der Höhe des Instandsetzungsanteils zusätzlich erläutere.
Praxishinweis
Mit dieser Entscheidung führt der BGH seine Rechtsprechung zu den formellen Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen fort (im Anschluss an BGH, Urteil vom 20.07.2022 - VIII ZR 361/21, BeckRS 2022, 20586 und BGH, Urteil vom 28.09.2022 - VIII ZR 336/21, BeckRS 2022, 31477, besprochen in Pramataroff/Bordt FD-MietR 2022, 454472) und stellt ausdrücklich klar, dass das Formerfordernis nach § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB kein Selbstzweck ist (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 13.06.2012 - VIII ZR 311/11, BeckRS 2022, 18).
Diese Ansicht überzeugt; die formellen Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung dürfen nicht überspannt werden und auch dem Vermieter durch zu strenge Anforderungen an die Erklärung die Wahrnehmung seiner Interessen unzumutbar gemacht werden. Denn weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen fordern, dass der Vermieter in der Erhöhungserklärung die für verschiedene Modernisierungsmaßnahmen angefallenen Gesamtkosten nach einzelnen Positionen aufschlüsselt. Entscheiden ist folglich allein, ob für den Mieter mit der geforderten Information ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden ist (so auch für das Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558 ff. BGB: BGH, Urteil vom 06.04.2022 - VIII ZR 219/20, BeckRS 2022, 11535 und für die Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB: BGH, Urteil vom 20.01.2016 - VIII ZR 93/15, BeckRS 2016, 2369). Wünscht der Mieter weitergehende Auskünfte, ist er auf sein Recht auf Belegeinsicht verwiesen.
BGH, Urteil vom 23.11.2022 - VIII ZR 59/21 (LG Berlin), BeckRS 2022, 38167