Anmerkung von
Rechtsanwalt Tobias Hirte, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH
Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 09/2020 vom 08.05.2020
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Sachverhalt
Über das Vermögen des Klägers wurde zunächst das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet, am 16.1.2017 wurde Masseunzulänglichkeit angezeigt und mit Beschluss vom 6.7.2018 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt.
Der Kläger hatte für die Jahre 2015 und 2016 keine Einkommensteuererklärungen abgegeben. Das Finanzamt als Beklagte setzte für diese Jahre die Einkommensteuer jeweils auf null Euro fest und schätze die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf jeweils 15.000 EUR, woraus sich nach Ausgleich mit Verlustvorträgen aus Vorjahren ein zu versteuerndes Einkommen von null EUR ergab. Mit weiteren Bescheiden setzte die Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer fest, und zwar iHv ca. 56.000 EUR (2015) und iHv ca. 41.000 EUR (2016).
Gegen die Bescheide legt der Kläger Einsprüche ein, die als unbegründet zurückgewiesen wurden. Daraufhin erhob der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide für 2015 und 2016 Klage.
Entscheidung:
Die Klage war teilweise begründet.
Das Finanzgericht stellte fest, dass der Einkommensteuerbescheid für 2016 insofern rechtswidrig sei, als die geschätzten Einkünfte aus selbständiger Arbeit den gerichtlich festgestellten Betrag übersteigen und sich daraus ein überhöhter Verbrauch des vortragsfähigen Verlustes ergebe. Bezüglich des Streitjahres 2015 lägen die vom Gericht im Rahmen der eigenen Schätzung ermittelten Einkünfte aus selbständiger Arbeit über den Einkünften, die das Finanzamt zugrunde gelegt habe, sodass die auf eine Herabsetzung gerichtete Klage keinen Erfolg haben könne.
Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 I 1 AO seien dem Grunde nach gerechtfertigt, da der Kläger keine Steuererklärungen abgegeben habe, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen sei, § 56 EStDV.
Die Abgabepflicht sei auch nicht durch Anzeige der Masseunzulänglichkeit entfallen. Für die Steuererklärungspflicht sei es unerheblich, ob in der Insolvenzmasse ausreichende Mittel für die Beauftragung eines Dritten vorhanden seien. Dies müsse erst recht gelten, wenn der Steuerschuldner selbst zur Fertigung einer Erklärung verpflichtet bliebe, weil die Eigenverwaltung angeordnet war.
Praxishinweis
Das Finanzgericht setzt sich auch mit der für die Praxis wichtigen Frage auseinander, ob die Anzeige der Masseunzulänglichkeitserklärungspflichten suspendieren kann. Das Gericht weist einen solchen Ansatz ausdrücklich zurück.
FG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2019 - 13 K 3467/18 E, BeckRS 2019, 41081