Vor wenigen Tagen ist der Entwurf des Justizstandortstärkungsgesetzes in den Bundestag eingebracht worden. Die Länder sollen ermächtigt werden, bei einzelnen Oberlandesgerichten Commercial Courts zu errichten, bei denen Streitigkeiten mit einem Wert von mehr als einer Million Euro vor einem voll besetzten OLG-Senat in erster Instanz verhandelt und entschieden würden, gegebenenfalls auch in englischer Sprache. Für geringere Streitwerte sollen auf der Ebene der Landgerichte sogenannte Commercial Chambers eingerichtet werden, die nach ähnlichen Grundsätzen verfahren würden.
Wie der Titel schon anzeigt, zielt das Justizstandortstärkungsgesetz darauf, die Position der deutschen Justiz im internationalen Wettbewerb um großvolumige Streitigkeiten aus grenzüberschreitenden Transaktionen zu verbessern. In welchem Umfang solche Streitigkeiten existieren und für die deutschen Gerichte zu gewinnen sein werden, darüber lässt sich streiten. Es steht zudem der Vorwurf im Raum, mit Commercial Courts werde einer Zweiklassenjustiz Vorschub geleistet.
Die Kritiker des Vorhabens übersehen dabei, dass die deutsche Justiz nicht nur in internationalen Fällen Probleme mit komplexen Streitigkeiten hat. Zentrale Schwachpunkte sind die unzureichende IT-Ausstattung, in die Jahre gekommene und räumlich defizitäre Justizgebäude, für die Bewältigung komplexer Streitigkeiten völlig unrealistische Pensenschlüssel nach dem System PEBB§Y und die De-facto-Abschaffung des Kammerprinzips mit der ZPO-Reform 2002. Die dem Einzelrichter am Landgericht zugebilligten zehn Stunden für die Erledigung einer Zivilsache reichen bei komplexen Wirtschaftsstreitigkeiten nicht einmal dafür aus, die Schriftsätze durchzulesen.