Glosse
Falscher Alarm
Glosse
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Geht es Ihnen nicht auch so: Mit einer Alarmanlage im Haus fühlt man sich gleich viel sicherer, vermittelt die einem doch das gute Gefühl, dass sämtliche Bösewichte ums so gesicherte Anwesen einen großen Bogen machen, weil sie ja nicht schon im Vorgarten auffliegen wollen. Mittlerweile reagieren diese Anlagen auch immer sensibler und schlagen nicht erst Alarm, wenn die erste Scheibe zu Bruch geht, sondern schon bei der kleinsten Bewegung.

10. Jan 2025

Das hat Vorteile – Stichwort: subjektives Sicherheitsgefühl –, allerdings auch Nachteile. Denn wenn der Alarm nicht von einem Unhold, sondern von einem Igel oder von Nachbars zu gut genährter Katze ausgelöst wurde, die im Jägerzaun feststeckt, wird man trotzdem zur Kasse gebeten, wenn die Polizei ausrückt – zumindest in Bremen (VG Bremen Urt. v. 4.11.​2024 – 2 K 2102/23).

Die Klägerin wendete sich gegen die ihr aufgebrummten Kosten für einen Polizeieinsatz in Höhe von 149 EUR. Ausgelöst hatte den ihr Geschäftsführer, nachdem er via SMS darüber informiert worden war, dass die in der Immobilie der Klägerin installierte Alarmanlage angeschlagen habe. Doch vor Ort war von Einbrechern weit und breit nichts zu sehen, und auch mit dem Sichern von Einbruchsspuren hatten die Beamten ihre liebe Not, weil rein gar nichts auf einen Bruch hindeutete. Nicht einmal eine im Zaun festsitzende Katze galt es zu befreien oder einen aufgeschreckten Igel in sein Winterquartier zu bugsieren, weshalb die Ordnungshüter wieder unverrichteter Dinge abzogen. Für die Klägerin hatte das gleichwohl das bereits erwähnte finanzielle Nachspiel, gegen das sie beim VG Bremen zu Felde zog. So sei schon der in Rechnung gesetzte Betrag völlig überzogen, weil sich die zuständige Wache nur eine Straße weiter befand; zudem sei die Kostenverordnung rechtswidrig, weil sie nicht zwischen „Mehrfachtätern“, die bereits eine gewisse Übung im Auslösen von Fehlalarmen hätten, und „Ersttätern“, wie etwa der Klägerin, differenziere. Doch das VG winkte ab. Polizeieinsätze aufgrund eines Fehlalarms gebe es nun mal nicht für lau, was rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die dafür anfallenden Kosten dürften auch mittels Pauschbetrag in Rechnung gestellt werden, selbst wenn dann die Einzelfallgerechtigkeit unter die Räder zu kommen drohe; schließlich müsse die Erhebung öffentlicher Abgaben als Massengeschäft praktikabel bleiben. Das wiederum erfordere möglichst schlank gehaltene Differenzierungsanforderungen, weshalb sich eine Gebührenstaffelung etwa nach Anzahl der Straßen zwischen Polizeiwache und Einsatzort, wie sie wohl der Klägerin vorschwebe, eher nicht durchsetzen werde. Oder wollen wir in Sachen Bürokratiewahnsinn auch künftig unangefochten ganz weit oben mitspielen? (Die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 34562).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.