Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass dieses Hobby das Zeug hat, die Nerven der Nachbarn arg zu strapazieren, bisweilen sogar zu überstrapazieren. Deshalb ist gut beraten, wer seiner Hühnerschar den Hahn erspart. Der ist nämlich keineswegs conditio sine qua non fürs maximal frische Frühstücksei aus eigenem Anbau. Zudem minimiert man so das Risiko, dass man mitsamt seinem Federvieh zum Fall für die Justiz wird (OLG München Beschl. v. 7.10.2024 – 21 U 454/23 e).
Der spätere Beklagte züchtete in seiner Freizeit Hühner. Zu seiner Schar gehörten drei Hähne, die nicht nur bei Sonnenaufgang ordentlich Rabatz machten. Denn sobald sich einer zu Wort meldete, ließen sich die beiden anderen nicht lumpen und krähten zurück; unter Hühnerfachleuten nennt man so etwas Konkurrenzkrähen. Und weil so ein Hahnenschrei schon mal mit 142 Dezibel zu Buche schlagen und es damit locker mit Düsenjets und Passagiermaschinen aufnehmen kann, war wenig überraschend der Nachbar irgendwann dermaßen genervt, dass er den Züchter vor dem LG Ingolstadt verklagte. Das zeigte sich überaus verständnisvoll, allerdings weniger gegenüber dem Hühnerfreund, den es zur Beseitigung der Lärmbelästigung verdonnerte, ohne ihm jedoch vorzuschreiben, wie er dabei vorzugehen habe. Gleichwohl wusste der Beklagte die gewährte Handlungsfreiheit nicht zu schätzen, sondern zog vors OLG München, schon allein wegen des ansehnlichen Ordnungsgelds, dass das LG verhängt hatte, um seiner Forderung nach Beseitigung der Lärmquelle den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Man wolle ihm sein Hobby verbieten, zeterte er vorm OLG; denn wie, bitteschön, soll er denn das Krähen seiner Hähne unterbinden? Er könne ihnen ja schließlich nicht den Schnabel verbieten oder zubinden. Doch das OLG nahm diesem Vortrag die Dramatik. Keiner wolle ihm die Hühnerzucht verbieten, ließ es den Beklagten wissen. Es gehe lediglich um die Beseitigung der Lärmquelle. Dafür müsse nicht die gesamte Hühnerschar in die nächste Hähnchenbraterei; vielmehr reiche es, sich von zwei der drei Hähne zu trennen. Denn ohne Konkurrenz auch kein gleichnamiges Gekrähe (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 37584).
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