Und wenn es mal nicht so gut laufe, auch schon mal das mit der Schnute – ein Bild sagt mehr als tausend Worte, allerdings nicht immer mit der gebotenen Eindeutigkeit. Dann muss man den Erklärungswert im Wege der Auslegung ermitteln. Das OLG München hat jüngst vorgemacht, wie das geht (Urt. v. 11.11.2024 – 19 U 200/24 e).
In dem Fall stritten sich ein Immobilienunternehmer und ein Autohändler aus dem obersten Premiumsegment darüber, ob sie sich per Emoji über eine Lieferfristverlängerung für einen Ferrari geeinigt haben. Den hatte der spätere Kläger Ende 2020 für satte 600.000 EUR bestellt und 60.000 EUR angezahlt. Als unverbindlicher Liefertermin wurde das 2./3. Quartal 2021 vertraglich festgehalten – italienische Wertarbeit braucht halt Zeit. Doch statt des Boliden erhielt unser Käufer am Ende des 3. Quartals nur eine WhatsApp-Nachricht von seinem Vertragspartner, nach der „der SF 90 Stradale“ aufs erste Halbjahr 2022 rutsche, was mit einem „Ups 😬“ quittiert wurde. Im April 2022 sah alles nach einer Auslieferung Anfang Mai aus. Doch die wurde kurzfristig wieder verschoben, dieses Mal auf unbestimmte Zeit, weil man in Modena leider, leider die falschen Batterien verbaut habe. Und bis die ausgetauscht sind, das könne dauern – italienische Wertarbeit, sai … Der Käufer setzte dem Verkäufer daraufhin eine Frist von drei Wochen, und als die erwartungsgemäß fruchtlos ablief, trat er Anfang Juni 2022 vom Vertrag zurück und verlangte seine Anzahlung klageweise zurück. Der Autohändler trat dem mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 110.000 EUR entgegen, weil er den Wagen nur mit hohem Verlust habe verkaufen können. Das LG gab ihm Recht, nicht aber das OLG München. Das äußerte sich unter Zuhilfenahme eines Emoji-Lexikons recht ausführlich zum Erklärungswert der vom Kläger in der WhatsApp-Korrespondenz mit dem Beklagten verwendeten Piktogramme. Insbesondere das Grimasse schneidende Emoji, mit dem der Käufer seinerzeit auf die Lieferfristverlängerung reagiert habe, sei keineswegs als Zustimmung zu verstehen. Vielmehr würden damit laut besagtem Lexikon negative oder gespannte Emotionen ausgedrückt, insbesondere Nervosität, Verlegenheit, Unbehagen oder Peinlichkeit. Die dreiwöchige Nachfrist hielt das OLG trotz der bekanntermaßen zeitintensiven italienischen Wertarbeit für in Ordnung: Wer schon anderthalb Jahre auf seinen Neuwagen gewartet hat, darf erwarten, dass sein Vertragspartner ihn nicht auf ein nicht näher zu spezifizierendes Später vertröstet (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 31601).
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