Glosse

Lousy trick
Glosse
onephoto/adobe

Die Welt ist schlecht, so viel steht fest. Am einstigen Himmel voller Geigen wimmelt es gerade nur so von Drohnen zweifelhafter Provenienz, und trauen kann man schon lange keinem mehr, scheinen doch alle oder zumindest viele nur auf das Eine aus zu sein. 

9. Okt 2025

Wer jetzt schon mal prophylaktisch in Erwartung schlimmer Dinge klosterschülerlich errötet, den können wir beruhigen. Denn mit dem eben erwähnten Einen ist nichts anderes als der schnöde Mammon gemeint. Haben wir nicht mal gelernt, dass das letzte Hemd keine Tasche hat und man Geld nicht essen kann? Trotzdem scheint kein Trick zu mies zu sein, um sich möglichst viel davon unter den Nagel zu reißen. Da ist es allenfalls ein schwacher Trost, dass selbst Juristen auf genau die Tricks reinfallen, die sie in all ihren Facetten über Jahre hinweg wissenschaftlich begleitet haben – Elfenbeinturm at its best. Doppelt bitter: Auch aufs Finanzamt ist in solchen Fällen kein Verlass. Denn wer glaubt, einen Teil des Schadens über die Einkommensteuererklärung zurückzubekommen, den hat das FG Münster jüngst eines Besseren belehrt (Urt. v. 2.9.​2025 – 1 K 360/25 E).

Die Klägerin war Opfer eines Telefon-Trickbetrügers geworden, der nach der ebenso bewährten wie miesen Masche verfuhr: Er sei Anwalt, die Tochter der 77-Jährigen habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht, ihr drohe deshalb Untersuchungshaft, die mithilfe einer Kaution in Höhe von 50.000 EUR, die an einen Boten zu übergeben seien, abgewendet werden könne. Und ganz wichtig: Zu niemandem ein Wort, schon gar nicht gegenüber der Polizei, die störe nur! Als die Klägerin den Betrug durchschaut hatte, waren der „Anwalt“ und seine Hintermänner mitsamt der ergaunerten Kaution über alle Berge. Ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wurde recht schnell ergebnislos eingestellt. Um wenigstens einen Teil des Schadens zu kompensieren, gab die Klägerin die 50.000 EUR als außergewöhnliche Belastung in ihrer Steuererklärung an. Doch da spielte das Finanzamt nicht mit, weil sich die Betrogene entgegen ihres Vortrags nicht in einer Zwangslage befunden habe. Das FG sah das – angesichts notorisch klammer Kassen der öffentlichen Hand wenig überraschend – auch so: Opfer solcher Betrugsmaschen zu werden gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Zudem habe sie lediglich Geld und keine lebensnotwendigen Dinge verloren. Und auch wenn die der Tochter angeblich drohende Untersuchungshaft kein Freizeitvergnügen, ein Frauenknast kein Robinson-Club sei, bestand keine unmittelbare Lebensgefahr, so dass die Klägerin besonnener reagieren und zunächst ihre Tochter oder die Polizei hätte kontaktieren müssen. Liebe Trickbetrüger:innen, vielleicht verschont Ihr mal ältere Menschen und versucht Euer Glück bei unserer Finanzverwaltung. Da ist auch viel mehr zu holen. Und lasst uns gern unter leserbriefe@ wissen, wie besonnen man dort auf Eure Anrufe hin reagiert hat (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2025, 23710).

Dieser Inhalt ist zuerst in der NJW erschienen. Sie möchten die NJW kostenlos testen? Jetzt vier Wo­chen gra­tis tes­ten inkl. On­line-Modul NJW­Di­rekt.

Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.