Der Kläger in dem Fall begehrte vom Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld, weil der ihm mit dem Auto über seinen Fuß gefahren war. Alles sah nach juristischem Selbstgänger aus, allerdings nur auf den ersten Blick. Denn der Fahrt über den Fuß war eine handfeste Auseinandersetzung vorausgegangen, die der Kläger angezettelt hatte. Dieser hatte nämlich seinen Kontrahenten auf dessen Grundstück aufgesucht, um ihn wegen zweier Rechnungen zur Rede zu stellen. Dieser Diskussion entzog sich der Beklagte, indem er in sein Auto stieg und es verriegelte. Doch der Kläger gab nicht auf: Vehement trommelte er gegen die Beifahrertür, rüttelte am Türgriff und forderte den Fahrzeuginsassen auf, rauszukommen und sich dem Gespräch zu stellen wie ein Mann. Der dachte nicht daran – vielleicht konnte er echten Männergesprächen nichts abgewinnen – , sondern startete seinen Wagen, um nach einigem Zuwarten, ob der laufende Motor den Tobenden nicht vielleicht doch zur Räson bringen würde, sanft über dessen Fuß zu rollen. Bei dieser Ausgangslage sprach eigentlich viel bis alles dafür, dass das Gericht wegen der geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche nicht lange fackeln würde. Doch weit gefehlt, denn der Beklagte habe sich in einer Notwehrlage befunden, wie das OLG Hamm meinte. So sei er vom Kläger nicht nur bedrängt, bedroht und am Wegfahren gehindert worden, sondern dieser habe auch noch sein Auto attackiert. Für ihn sprach außerdem, dass er vorm Übergang zur Selbstjustiz die Polizei über seine missliche Lage informiert und dort um schleunigste Entsendung von Beistand nachgesucht hatte. Nun mag sich die eine oder der andere fragen, warum er dann nicht warm, trocken und sicher in seinem Auto sitzend nicht einfach deren Eintreffen abgewartet habe. Doch auch darauf hat das OLG eine Antwort: Der bedrohlichen Lage habe sich der Kläger umgehend entziehen dürfen, zumal man ja nie weiß, wann unsere Freunde und Helfer sich einfinden, wenn man sie mal braucht.
Liebe motorisierten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer, lassen Sie sich dieses Urteil gern auf der Zunge zergehen, legen Sie meinetwegen einen Ausdruck davon, abrufbar unter BeckRS 2025, 14124, ins Handschuhfach, um immer mal wieder einen Blick in die Entscheidungsgründe zu riskieren, wenn Sie sich über einen schwächeren Verkehrsteilnehmer geärgert haben. Aber behalten Sie dabei bitte immer im Blick, dass der Einsatz eines Fahrzeugs zur sofortigen Beendigung eines Angriffs eines Fußgängers wirklich nur ultima ratio sein sollte. Ob die Situation im vorliegenden Fall so dramatisch war, etwa weil der Angreifer über Kräfte verfügte, mit denen er ein Auto zerquetschen konnte wie weiland der Seewolf eine rohe Kartoffel, darüber ließe sich bestimmt trefflich diskutieren.