Glosse
Strafe muss sein
Glosse
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Eigentlich logisch, möchte man meinen: Wer im „Bau“ eine Freiheitsstrafe absitzt, hat keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen. Denn einer der ganz wenigen Vorzüge einer Inhaftierung ist der Umstand, dass man während dieser Zeit auf Unterkunft inklusive Heizung und Verpflegung keinen Gedanken und erst recht keinen Cent verschwenden muss. Für beides ist, wenn auch nicht bestens, aber immerhin gesorgt. 

20. Sep 2024

Wie ist es aber, wenn man sich statt einer Haftstrafe einen Jugendarrest einfängt, weil Gericht und Jugendgerichtshilfe so blauäugig waren anzunehmen, dass man sich davon derart beeindrucken lässt, dass man künftig noch nicht einmal bei Rot über eine Ampel huscht? Der junge Grundsicherungsempfänger, mit dem es die niedersächsische Sozialgerichtsbarkeit zu tun hatte, hatte dazu eine eindeutige Meinung, das SG Braunschweig auch. Weil die Schnittmenge der beiden Auffassungen aber noch kleiner war als die der Ampel-Koalition und der CDU/CSU zu der Frage, wieviel Menschlichkeit wir uns nach Solingen noch leisten können, musste sich das LSG Niedersachsen-Bremen damit befassen (Urt. v. 20.6.​2024 – L 11 AS 117/24).

Der Kläger wurde 2019 zu einem zweiwöchigen Jugendarrest verdonnert, den er vom 17.7. bis 31.7.​2019 absaß. Während dieser Zeit bezog er Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 844 EUR pro Monat und hätte die auch in jenem Juli in voller Höhe kassiert, wenn ihn sein Betreuer nicht beim Leistungsträger verpetzt hätte. Und der forderte nach persönlicher Anhörung des möglicherweise um ein Damaskuserlebnis reicheren Klägers für den Monat Juli rund 400 EUR zurück, was bei dem wenig verwunderlich auf noch weniger Verständnis stieß. Auf seinen Widerspruch hin reduzierte die Behörde die Erstattungsforderung auf knapp 374 EUR und beteiligte sich auch noch an den Kosten des Vorverfahrens. Doch statt dankbar zu sein, beharrte der Kläger auf den ungekürzten Leistungsbezug auch für die zweite Julihälfte. Schließlich sei der Arrest schon Strafe genug gewesen, wenn auch keine Haftstrafe im Sinne der Ausschlussregelung des § 7 IV SGB II. Das SG Braunschweig winkte ab. In der Tat sei ein Jugendarrest keine Haftstrafe, da habe der Kläger schon recht; in beiden Fällen halte es aber der Staat für angezeigt, jemanden vorübergehend aus dem Verkehr zu ziehen. Und das reiche, um einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für den maßgeblichen Zeitraum entfallen zu lassen, bekräftigte auch das LSG Niedersachsen-Bremen. Weil man sich dort aber seiner Rechtsauffassung nicht ganz sicher war, immerhin ist die einschlägige Rechtsprechung hierzu ähnlich uneins wie die Ampel unter anderem beim Haushalt 2025, gab das LSG dem BSG Gelegenheit, diesen Punkt verbindlich zu klären. Man darf gespannt sein, wann es soweit ist (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 21298).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.