Auf der anderen Seite setzt eine Gutsabfüllung voraus, dass die Trauben auch tatsächlich auf dem jeweiligen Gut gekeltert wurden, was mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, wenn es ebenda keine Kelter gibt. Nun könnte man sich behelfen, indem man die Belegschaft mit frisch gewaschenen Füßen eine Runde im Weinbottich absolvieren lässt; immerhin hielt man es schon in der Antike so. Aber damals gab es auch noch keinen Decanter oder Hugh Johnson, die neben gut eingebundenen Tanninen im Abgang eine leichte Schmelzkäsenote rausschmecken konnten. Dann lieber eine Kelter mieten – Sharing Economy ist ja der dernier cri, weil überaus nachhaltig. Allerdings kommen an der Stelle dann die Juristen ins Spiel, die sich weniger mit der Sensorik des edlen Rebensafts, sondern mit dessen Provenienz sowie der Frage beschäftigen, ob der dann noch vom jeweiligen Weingut kommt. Und wie so häufig, wenn Juristen über einer Frage brüten, lautet auch hier die Antwort: Es kommt drauf an, etwa auf die Umstände des Einzelfalls. Und die sprachen im konkreten Fall nach Ansicht des BVerwG gegen die Winzerin (Urt. v. 29.8.2024 – 3 C 13/23).
Die Klägerin in dem Fall war Winzerin an der Mosel. Nach der Lese wanderten die Trauben regelmäßig in eine angemietete Kelteranlage. Diese befand sich zwar im gleichen Weinanbaugebiet und war auch stets 24?Stunden ausschließlich für die Klägerin und ihre edle Ernte reserviert, gleichwohl untersagte ihr die Behörde die Verwendung „Weingut“ sowie „Gutsabfüllung“ auf dem Etikett, weil der Wein eben nicht vollständig in ihrem Betrieb produziert wurde. Das AG Trier sah die Dinge weniger formalistisch, was wiederum dem OVG Koblenz nicht schmeckte. Schließlich landete die Frage beim BVerwG, das sich beim EuGH vergewisserte. Nachdem man dort meinte, dass eine Gutsabfüllung auch in einer angemieteten Kelter entstehen könnte, wenn der jeweilige Winzer, die jeweilige Winzerin die tatsächliche Leitung, ständige Überwachung und auch die Verantwortung für den Keltervorgang übernimmt, war die Klägerin schon im Begriff zu jubeln. Doch wie so häufig steckt auch in dem Fall der Teufel im Detail. Denn zwischen dem Weingut der Klägerin und der angemieteten Traubenpresse lagen gut 70 km. Zu viel, wie das BVerwG meinte, um bei auftretenden Problemen die erforderlichen Entscheidungen selbst oder durch ihre Mitarbeiter zu treffen. Damit behielt nicht nur das OVG Koblenz recht, sondern war außerdem noch die Gutsabfüllung perdu (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 28647).
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