Und natürlich ist Kritik nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht, weil wir nur so noch besser werden können, lautet die überstrapazierte Begründung in solchen Fällen. Aber wehe, der Kunde nimmt diese Aufforderung ernst und zeichnet von der vermeintlichen Fünf-Sterne-Dienstleistung ein nur halbwegs realistisches Bild. Dann zeigt sich der kritikfähige Unternehmer von seiner dünnhäutigen Seite, und die Null-Sterne-Bewertung wird ein Fall für die Justiz. So eine Schmähkritik als solche mit der nötigen Eindeutigkeit zu identifizieren ist aber auch schwierig. Selbst Anwälten, die sich damit eigentlich auskennen müssten, gelingt das nicht immer, wie ein aktueller Hinweisbeschluss des OLG Bamberg vom 14.6.2024 zeigt (6 U 17/24 e).
Geklagt hatte in dem Fall der Betreiber einer Einzelkanzlei. Der fühlte sich durch eine Google-Bewertung seines freien Mitarbeiters seitens des späteren Beklagten geschmäht und beleidigt. Und auch der Ruf seiner Kanzlei habe gelitten, zumindest sei der ähnlich stark gefährdet wie eine vom Aussterben bedrohte Tierart. Wer nun annimmt, der Beklagte habe in seiner Bewertung sämtliche Grenzen des guten Geschmacks und Stils in einer Art und Weise gesprengt, wie man es sonst nur von den einschlägigen Formaten der Privatsender kennt, den müssen wir enttäuschen. Denn statt Verbalentgleisung à la Trash-TV wird in der Bewertung recht nüchtern festgestellt, dass der Verfasser diese Rechtsanwaltskanzlei wegen des seiner Meinung nach nicht besonders fähigen RA X. nicht empfehlen und deshalb auch nur einen von fünf Sternen vergeben könne. Trotzdem hatte es die dagegen eingelegte Unterlassungsklage in sich, schon allein wegen des geltend gemachten Schadensersatzes in Höhe von 15.000 EUR. Die wollten gut begründet sein, weshalb der Kläger schweres Geschütz auffuhr: Schmähkritik, Formalbeleidigung einschließlich Angriff auf die Menschenwürde. Wie bereits die Vorinstanz ließ sich auch das OLG Bamberg von diesem argumentativen Getöse nicht beeindrucken. Die Beurteilung sei zweifelsohne kritisch, stelle aber selbst im Kontext mit der schlechtestmöglichen Sternebewertung noch eine zulässige Meinungsäußerung dar. Und weil es der Senat mit dem Beklagten gut meinte, legte er diesem die Rücknahme der Berufung dringend ans Herz. Denn so könne er zumindest zwei Gerichtsgebühren sparen (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter GRUR-RS 2024, 26637).
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