So ein Personalwechsel hat es aber auch in sich. Dabei kann es die Bahn durchaus besser, wie die Verfasserin dieser Zeilen jüngst selbst erfahren hat: acht Minuten vor der planmäßigen Ankunft fuhr der ICE mit stolz geschwellter Brust und unter dem anerkennenden Applaus der Reisenden, den man sonst nur aus Billigfliegern kennt, im Hauptbahnhof Hannover ein. Das wäre mindestens eine Meldung auf X, WhatsApp und Insta wert gewesen. Aber während man noch über einen geeigneten Text für die interessierte Community nachdenkt, fällt einem der Beschluss des OLG Schleswig vom 31.7.2024 (7 U 48/24) in die Hände. Typisch Bahn, ist man geneigt zu sagen oder zu schreiben. Dabei hat die sich nach Ansicht des OLG nichts vorzuwerfen.
Das Gericht hatte in dem Fall über die Reichweite der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG zu entscheiden. Diese Frage stellte sich im Zuge einer Überfahrt des Hindenburgdamms. Ah, Sylt-Shuttle, weiß der Connaisseur der bei Stars und allen, die sich dafür halten, so beliebten Glamour-Insel gleich. Auf einem dieser Shuttle kam es 2022 zu einem Verkehrsunfall, bei dem der Transporter des späteren Beklagten mit dem Mercedes der späteren Klägerin kollidierte. Eigentlich schwer vorstellbar, denn normalerweise ermahnt die DB als Betreiberin die Autofahrer per Lautsprecher mehrfach und eindringlich, unbedingt die Handbremse anzuziehen und den Gang einzulegen, sobald der Wagen verladen wurde, und natürlich kommt jeder dem umgehend nach. Manche Kandidaten, wie etwa der Transporter des Beklagten, werden zusätzlich von Mitarbeitern der DB mit Gurten gesichert, damit sie nicht unter der Fahrt ihrem Vordermann ins Heck rollen. Doch genau das ist in dem Fall, über den das OLG Schleswig Ende Juli zu befinden hatte, geschehen. Schaden: 20.000?Euro. Erfahrene Bahnfahrer haben dafür gleich die einzig mögliche Erklärung zur Hand, so auch die Versicherung des Beklagten: Materialermüdung beim Gurt, kennt man ja von Weichen und Signalen. Im Übrigen greife § 7 StVG nicht. Schließlich habe sich der Unfall nicht während des Betriebs eines Kfz ereignet, weil der Transporter wie eine Ware auf dem Zug transportiert worden sei. Möge sich der Geschädigte bitte an die DB halten. Dass dies bisweilen zu wenig bis nichts führt, von einigen zusätzlichen BahnBonus-Punkten mal abgesehen, wusste man wohl auch beim OLG. Denn das ließ die Versicherung wissen, dass der enge maschinentechnische Betriebsbegriffs des RG lange ausgedient habe und der Schutz der Verkehrsteilnehmer vor den wachsenden Gefahren des Straßenverkehrs es erfordere, diesen Begriff möglichst weit zu fassen, und zwar so weit, dass auch der auf dem Sylt-Shuttle ins Rollen geratene Transporter davon erfasst werde (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 21136).
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