Glosse
Haltet den Dieb!
Glosse
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In Zeiten, in denen die Strompreise weiterhin durch die Decke schießen und es so was von schick ist, mit einem tonnenschweren E-Gefährt vorzufahren, das sich die Nominierung zum Stromfresser des Jahres redlich verdient hat, ist die Versuchung groß, den Stromhunger des umweltfreundlichen Kolosses auf Kosten der Allgemeinheit zu decken. Das geht in Mehrfamilienhäusern dank so mancher Allgemeinsteckdose relativ einfach.

30. Aug 2024

Wer dabei nicht ertappt werden will, dem empfehlen wir die Verlagerung derartiger Ladevorgänge in die Nachtstunden. Auf der relativ sicheren Seite ist man zwischen Mitternacht und 5Uhr morgens. Und wenn man doch erwischt wird, weil einer der Mitbewohner entweder eine Eule oder ein Anhänger des Spruchs vom ganz frühen Vogel und dem Wurm ist, dann ist klar im Vorteil, wer das Urteil des AG Leverkusen vom 17.5.2024 (22 C 157/23) mit einem Lächeln aus dem Handschuhfach zaubern und damit jedem Bestreben nach Beendigung des Mietverhältnisses gleich mal den Wind aus den Segeln nehmen kann.

Die späteren Beklagten hatten eine Wohnung des späteren Klägers nebst Kellerraum und Garagenplatz in einem Mehrfamilienhaus gemietet. Im Laufe des Mietverhältnisses luden sie ihren Hybrid-Pkw mindestens zehn Mal mithilfe der Allgemeinsteckdose in der Garage und zogen damit den Zorn der übrigen Mitbewohner auf sich. Die beschwerten sich wutentbrannt ob des dreisten Stromklaus beim Vermieter, der daraufhin das Mietverhältnis mit den Stromdieben sowohl fristlos als auch fristgerecht kündigte. Begründung: hausfriedengefährdender Stromdiebstahl in mindestens zehn Fällen! Dieser Move machte Eindruck; zumindest mieden die Gekündigten sämtliche Allgemeinsteckdosen für weitere Ladevorgänge. Mehr noch: Als ihnen wenig später die Räumungsklage ins Haus flatterte, räumten sie ihre Missetaten unumwunden ein und boten satte 600 Euro als Schadenswiedergutmachung an. Nichts da, ließ der Vermieter sie wissen, wir sehen uns vor Gericht, das sich aber – Überraschung – auf die Seite der Mieter schlug. Zwar sei deren Verhalten keine Glanzleistung und zur Nachahmung denkbar ungeeignet, der Schaden – das AG errechnete ihn in einer Größenordnung von unter 50 Euro – aber auch nicht so gravierend, dass deshalb gleich die Mieter vor die Tür gesetzt gehören. Zudem hätte sich eine Abmahnung gut gemacht, die der Vermieter angesichts der Empörungswelle irrtümlich für entbehrlich hielt. Und da die überkompensatorische Wiedergutmachung den ins Rutschen geratenen Hausfrieden wieder zurechtgerückt hatte, blieb nur noch die Unversöhnlichkeit, die der Kündigung zum Erfolg hätte verhelfen können. Der Haken: Für die Aufkündigung einer Ehe mag das reichen; um ein Mietverhältnis zu beenden, muss da doch ein bisschen mehr kommen (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 17036).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.