Glosse
Rundreise
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Keine Frage, die Urlaubszeit ist mit eine der schönsten Zeiten des Jahres. Umso wichtiger, dass im Urlaub alles stimmt, von der An- und Abreise, der Unterkunft nebst Verpflegung bis zum – je nach Gusto – Unterhaltungs-, Sport- oder Kulturprogramm. Die Justiz, etwa jüngst das AG München (Urt. v. 3.11.​2023 – 264 C 17870/23), kann allerdings ein Lied davon singen, dass die bunten Reiseprospekte manchmal etwas versprechen, das die Realität vor Ort dann nicht so ganz einlösen kann.

7. Jun 2024

Die Klägerin hatte für sich und ihre Mitreisende eine Pauschalreise nach Sizilien vom 15.5.​ bis 22.5.​2023 für 740 Euro pro Person gebucht. Was nach Schnäppchen klang, war auch eins, wie sich gleich bei der Ankunft im Hotel zeigte. Man sei leider überbucht, ließ man die Damen wissen, aber zum Glück gebe es vor Ort diverse Alternativhotels; dort sollten sie mal ihr Glück versuchen. Die taten, wie ihnen geheißen, und es begann für sie eine Rundreise der etwas anderen Art zur ersten Alternative. Das dort angebotene Zimmer wurde von ihnen dankend abgelehnt, weil es wohl nicht im allerbesten Zustand war; in den Entscheidungsgründen findet sich dazu lediglich die frugale Formulierung „unzumutbar“. Für zumutbare Zimmer wurden 208 Euro pro Nacht fällig, ein Preis, den die Damen zähneknirschend zahlten. Am nächsten Tag standen nicht etwa Chillen am Pool oder Sightseeing an, sondern ein Umzug in die nächste Herberge. Das dort präsentierte Zimmer konnte statt des gebuchten Meerblicks mit einem Blick in einen original sizilianischen Hinterhof inklusive stinkender Gänse aufwarten. Und auch wenn dieses Lokalkolorit im Preis inbegriffen war, kam er bei unseren Reisefreundinnen nicht so gut an. Am folgenden Tag konnten sie dann endlich ein adäquates Zimmer in der gebuchten Herberge beziehen und die restlichen Urlaubstage unter südlicher Sonne genießen. Zudem zeigte sich das Reiseunternehmen generös und exkulpierte sich nicht etwa mit dem in derartigen Fällen sonst üblichen Hinweis auf die Landesüblichkeit des Quartiers, sondern ließ sich die den Damen entstandenen Unannehmlichkeiten immerhin 230 Euro kosten. Doch das reichte der Klägerin nicht; 400 Euro forderte sie ein und erlitt damit vor dem AG München Schiffbruch. Das rechnete trotz „judex non calculat“ arithmetisch korrekt vor, dass die von dem Reiseunternehmen geleistete Zahlung den klägerischen Minderungsanspruch bereits übersteige. Zwar nicht signifikant, aber immerhin. Und weil entgangene Urlaubsfreuden nicht geltend gemacht wurden und es sich um eine relativ günstige Pauschalreise gehandelt habe, habe die Klägerin auch kein Fünf-Sterne-Deluxe-Ressort erwarten dürfen. Denn auch im Reiserecht gilt, dass es eine S-Klasse nun mal nicht zum Preis eines Golf Diesel gibt (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2023, 48016).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.