Glosse
Die Annalen des Tacitus im Mietrecht
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© Renáta Sedmáková/adobe
(Tacitus-Statue in Wien) © Renáta Sedmáková/adobe
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Juristen eilt gemeinhin der Ruf voraus, sich besonders gewählt bzw. so auszudrücken, dass Zeitgenossen ohne zwei juristische Staatsexamina ihre liebe Not haben, dem zu folgen. Das liegt auch an den lateinischen Zitaten, die immer wieder beiläufig in einen Schriftsatz oder bei einer netten Plauderei unter Kollegen eingestreut werden.

31. Mai 2024

Meistens werden dabei die immer gleichen Sprüche bemüht, von „pacta sunt servanda“ über „judex non calculat“ bis hin zu „hic rhodos hic salta“. Schön, dass das AG Hanau (Beschl. v. 19.2.​2024 – 34 C 92/23) aktive Horizonterweiterung für all diejenigen betreibt, die ihren lateinischen Wort- und Zitatenschatz keinem Latinum, sondern einer profunden Asterix-Lektüre verdanken.

Dabei bot der Fall, der judiziert wurde, eigentlich wenig Anlass für ein Zitat aus den Annalen des römischen Geschichtsschreibers Tacitus, ging es doch um eine eher schnöde Auseinandersetzung zwischen der klagenden Vermieterin und ihrer beklagten Mieterin. Erstere hatte Letztere fristlos gekündigt, nachdem sie von ihr im Mai 2023 zwei Mal mit einem Eimer Wasser übergossen worden war und beide Übergüsse nicht im Rahmen einer Ice-Bucket-Challenge erfolgten. Trotz recht eindeutiger Rechtslage landete der Fall beim AG Hanau. Am Ende verglich man sich zwar in der Sache, nicht aber über die Kosten. Darüber solle mal die Justiz befinden. Die machte ihren Job gründlich, indem sie den zu erwartenden Verfahrensausgang zu Lasten der hitzigen Beklagten recht ausführlich unter Einbeziehung einer Zeugenaussage darlegte. Und diese Aussage hatte es in sich. Denn die war nicht nur lebensnah und widerspruchsfrei, sondern auch noch „sine ira et studio“. Wer wissen will, was das AG damit meint, schlägt nach, nein, nicht bei Asterix bei den olympischen Spielen oder bei der Heim-EM, sondern bei Tacitus, Annales I, 1. Denn die Entscheidungsgründe bleiben hier ebenso eine Antwort schuldig, wie auch auf die Frage, wieso das Gericht seinen Beschluss in einem eher bodenständigen Fall mit einem Zitat eines altehrwürdigen römischen Historikers untermauert (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 9128).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.