Glosse
Das Influencer-Ding
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Das waren noch Zeiten, als die Kinder Arzt, Lehrerin, Polizistin oder Zirkusdirektor werden wollten. Heute rangieren völlig andere Berufswünsche ganz weit oben, allen voran und noch vorm Gangsta-Rapper die Influencerin bzw. der Modeblogger. 

24. Mai 2024

Und das aus gutem Grund. Oder fällt Ihnen noch eine Profession ein, mit der man mit marginalem Wissen einen Haufen Geld scheffeln kann, dank Insta, Tiktok und X einen höheren Bekanntheitsgrad als sämtliche Mitglieder der „Ampel“ zusammen hat und sich zudem jeden Tag über die tollsten Luxusartikel von den angesagtesten Labels freuen kann, die man nur mit einem steinerweichenden Lächeln in die Influencer-Kamera halten und versichern muss, dass ein Leben ohne dieses Täschchen, Cremetöpfchen oder IT-Pieces zwar möglich, aber doch eher sinnlos ist? Trotz dieser glänzenden Verdienstaussichten scheinen manche in der Szene den Hals nicht voll zu kriegen. Im Sprengel des FG Niedersachsen etwa unternahm eine Modebloggerin den untauglichen Versuch, einen nicht ganz unerheblichen Anteil der Kosten für die im Laufe eines Jahres angeschafften Kleidungsstücke, Kosmetika und Mode-Accessoires als Betriebsausgaben geltend zu machen. Doch da machten die Finanzbehörden und das FG Niedersachsen nicht mit (Urt. v. 13.11.2023 – 3 K 11195/21).

In dem Fall reichten besagter Modebloggerin offensichtlich all die schönen Dinge, die ihr seitens der Luxusbekleidungs-, -kosmetik- und -accessoirebranche regelmäßig ins Haus flatterten, nicht aus, um in der Influencerszene groß rauszukommen. Zumindest schaffte sie im Laufe der Zeit diverse Dinge aus dem höheren bis hohen Preissegment an, allen voran Handtaschen und Bekleidung, die sie auf ihrer Plattform präsentierte. Die dafür anfallenden Kosten solle das Finanzamt nicht vollständig als Betriebsausgaben berücksichtigen, sondern nur in Höhe von 40 %, wobei „nur“ 2016 zu Betriebsausgaben in Höhe von 16.427,28 Euro und ein Jahr später immerhin in Höhe von 8.247,52 Euro geführt hätten, wenn die Behörde da mitgespielt hätte. Aber die dachte nicht daran und ließ die vermeintlichen Betriebskosten unter den Tisch fallen. Zu Recht, wie das FG Niedersachsen fand. Denn auch wenn sich eine Influencerin, ein Influencer auf den einschlägigen Kanälen schlecht in Klamotten vom Discounter präsentieren könne, könnten Aufwendungen für bürgerliche Kleidung grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden. Etwas anderes gelte für typische Berufskleidung, wie beispielsweise Schutzbekleidung, also Sicherheitsschuhe statt Stilettos, oder Uniformen. Da aber unser Lifestyle-Vorbild Derartiges auf ihrem Account nicht zur Schau stellte, weil damit in der Szene kein Blumentopf, geschweige denn Follower zu gewinnen seien, blieb ihr der begehrte Betriebskostenabzug verwehrt (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2023, 42458).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.