Glosse
Tea to go
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Heißgetränke to go erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit, und damit auch der ungute alte Einwegbecher. Schließlich ist der dank seiner Botschaft das Statussymbol der Generation „Very busy“. 

10. Mai 2024

„Da, seht her, ich bin so beschäftigt (oder eben busy), dass an einen Kaffee oder einen Tee gleich nach dem Aufstehen nicht zu denken ist. Denn da ruft die Yoga-Matte zum Sonnengruß, anschließend müssen Mails nebst Morgenlage gecheckt und der herabschauende Hund versorgt werden. Zur Belohnung für so viel Action auf nüchternen Magen gibt es dann auf dem Weg ins Office ein Heißgetränk auf bzw. in die Hand.“ Kein Wunder, dass bei der starken Message Müllberge oder Plastik statt Fische und Algen im Meer nicht ausreichen, damit wir unser Konsumverhalten selbstkritisch hinterfragen. Aber vielleicht gelingt das ja dem LG Oldenburg (Urt. v. 1.2.2024 – 16 O 2015/23).

Die Klägerin begehrte von der Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro; zudem stellte sie schon mal in Aussicht, dass eine spätere Laser-Narbenbehandlung mit rund 33.000 Euro zu Buche schlagen werde. Die Ursache für ihre Forderung hatte einen eher banalen Grund, denn die Klägerin war nicht etwa unter die Räuber oder Räder geraten, sondern hatte sich mit einem Tea to go, den sie im Schnellrestaurant der Beklagten erworben hatte, verbrüht. Der soll nämlich derart kochend heiß gewesen sein, dass selbst der Deckel, der sich auf dem Becher befand, ins Rutschen geriet; wahrscheinlich durch die Dampfschwaden, die aus dem Gefäß wie aus einem Geysir aufgestiegen sind. Oder er war vor der Teeausgabe nicht richtig justiert worden. Wie dem auch sei, als die Klägerin ihr Heißgetränk nach acht Minuten der überreichten Pappschale entnahm, ergoss sich die höllisch heiße Brühe über ihre Oberschenkel und verursachte dort neben Verbrennungen II. und I. Grades Schmerzen sowie psychische Beeinträchtigungen. Deshalb sei das veranschlagte Schmerzensgeld auch mehr als angemessen. Das LG Oldenburg sah das anders, weil die Klägerin nicht beweisen konnte, dass ihr Heißgetränk zu heiß über die Theke ging. Zudem sei allgemein bekannt, dass Tee nicht mit handwarmem, sondern mit sprudelnd heißem Wasser zubereitet werde, und zwar selbst dann, wenn am Ende des Herstellungsprozesses ein Eistee herauskommen soll. Gleichwohl hatte die Beklagte ihre Pappbecher noch mit dem Schriftzug „VORSICHT HEISS“ sowie einem entsprechenden Piktogramm verzieht. Wer dann immer noch nicht in der Lage sei, daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, der sei selbst schuld (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 5559).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.