Glosse
Generation Emma
Glosse
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Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die Statussymbole. Was früher „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ war, ist heute „Meine Wärmepumpe, meine Work-Life-Balance, mein Bett“. Ja, Sie haben richtig gelesen: Das richtige Bett ist das Statussymbol der Generation Emma, also der Generation, die meint, mit der richtigen Lebens- und Ernährungsweise, der Endlichkeit des irdischen Daseins ein Schnippchen zu schlagen. 

29. Apr 2024

Ob das funktioniert, steht in den Sternen; ins Geld geht es aber allemal. Denn der lebensverlängernde Schlaf hat seinen Preis, auch weil die Schlafexperten herrlich uneins darüber sind, wie der am ehesten gelingt: Im metallfreien Vollholzbett, idealerweise aus Zirbe aus einem hochalpinen Biosphären-Reservat, ist man zwar vor elektromagnetischen Wellen gefeit, es könnte aber beim Ändern der Schlafposition quietschen und einen so von der Tiefschlaf- in die Halbschlafphase oder gar in den Aufwachraum katapultieren. An Gewichtsdecken scheiden sich die Geister, weil deren Druck nach einer Ansicht, etwa die der Hersteller, für einen entspannten Schlaf sorgt, während andere vor den negativen Auswirkungen von jedwedem Druck auf die Schlafqualität warnen, der sich aber seit Ostermontag völlig legal mit einem Joint lösen lässt. Wer subtilen Coffeeshop-Schwaden im heimischen Schlafgemach nichts abgewinnen kann, der greift zum mit Lavendelöl betankten Diffuser. Das alles kann man sich aber getrost schenken, wenn man beim Härtegrad der Matratze danebenliegt (AG Hannover, Urt. v. 30.1.2024 – 510 C 7814/23).

Die Klägerin in dem Fall erwarb für ihre Tochter Ende November 2022 ein Schlafzimmer, bestehend unter anderem aus einem Boxspringbett sowie zweier Matratzen. Und auch wenn wir normalerweise das Gewicht der Protagonisten in dieser Rubrik außen vorlassen, von dem mopsigen Kater in NJW-aktuell H.17/2024 mal abgesehen, müssen wir es an dieser Stelle kurz erwähnen, sollten doch die 63 kg der Tochter dem klägerischen Begehren zum Erfolg verhelfen. Denn die Matratzen, auf denen die junge Dame künftig selig schlummern wollte, punkteten mit Härtegrad?5. Wer glaubt, dass 63 kg reichen, um auf so einem Brett Schultern und Becken sanft einsinken zu lassen, der irrt gewaltig. Kein Wunder, dass die Klägerin sich von dem Erworbenen wieder lösen wollte. Doch darauf ließ sich die beklagte Verkäuferin nicht ein und hatte dafür gute Argumente: Denn vor Abschluss des Vertrags interessierte sich die Klägerin weniger für eine Beratung, sondern nur für Rabatte; zudem blieb dunkel, für wen das Bett gedacht wer. Und der ganze Papierkram sollte möglichst schnell abgewickelt werden, damit der beim Möbelhaus angemietete Transporter nicht zu viel Geld verschlang.

Dem AG Hannover reichte das, um die Klage als unbegründet abzuweisen. Die streitgegenständlichen Matratzen wiesen keine Mängel auf, sondern die für Härtegrad 5 gewöhnliche Festigkeit, befand das AG. Und weil die anwaltlich vertretene Klägerin selbst vorgetragen hatte bzw. vortragen ließ, dass Matratze doch Matratze sei, fehlte es auch an einer Nebenpflicht, deren Verletzung der Klage zum Erfolg verholfen hätte – und der Tochter zu einer bequemeren Schlafunterlage (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 6323).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.