Glosse
Gleichberechtigt
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Vor dem Gesetz sind alle gleich, und Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Soweit die Theorie bzw. unsere Verfassung. Und auch wenn die Praxis dem nicht immer gerecht wird, handelt es sich dabei keineswegs um unverbindliche Programmsätze. Nein, das gilt wirklich, und zwar auch im Fitness-Studio, wie uns jüngst das AG Bad Urbach (Urt. v. 14.2.2024 – 1 C 161/23) wissen ließ.

21. Mrz 2024

Den Fall vor Gericht gebracht hatte – wer hätte das gedacht? – ein Mann, ach was, ein Adonis, wie er im Buche stand. Der fühlte sich durch sein Fitness-Studio diskriminiert, allerdings nicht, weil man ihm den Zugang zum Mutter-Kind-Yoga verweigert hatte, sondern durch die Vorgaben zu seiner Trainingskluft. Denn maximal enge Muscleshirts, wie sie der Kläger bevorzugte, waren dem Studio-Betreiber ganz generell ein Dorn im Auge. Deshalb machte die Hausordnung auch klare Vorgaben hinsichtlich der zu tragenden Sportbekleidung (schulterbedeckt), und ein Plakat mit vier männlichen Pracht-Oberkörpern verdeutlichte allen, die mit dem Lesen so ihre Probleme hatten, zudem, in welchen Oberteilen man besser zu Hause bleibe. Doch dem wollte sich unser Muskelprotz nicht fügen, zumal der Betreiber bei der trainierenden Damen-Welt über unbedeckte Schultergürtel großzügig hinwegschaute. Der Kläger suchte deshalb das Gespräch mit dem Studiobetreiber und machte deutlich, dass er sich benachteiligt fühle. Dafür hatte man Verständnis und räumte ihm ein Sonderkündigungsrecht für den Fall ein, dass das Training mit Muscleshirt für ihn dazugehöre wie ein Eiweiß-Shake oder anabole Steroide. Doch schon ein paar Tage später lenkte der Betreiber ein und erlaubte erst ein schulterfreies Training während der Nachtstunden und am Wochenende, um kurz darauf sein Muscleshirt-Verbot gänzlich zu kassieren. Gleichwohl zog der Kläger vors Gericht, um für die erlittene Diskriminierung abzukassieren. Doch da hatte er die Rechnung ohne das AG Bad Urbach gemacht. Denn auch wenn man ihm dort bestätigte, dass mit der Kleiderordnung und deren Handhabung eine Diskriminierung aller Anhänger des schulterfreien Trainings einhergegangen sei, war dies dem AG keine 1.500 Euro, sondern lediglich 250 Euro wert. Zieht man davon noch 4/5 der Gerichtskosten ab, die der Kläger für den erstrittenen Achtungserfolg tragen musste, dürfte der klägliche Rest allenfalls für ein ganz, ganz kleines Muscleshirt reichen. Aber darin sollen Muskelberge ja besonders gut zur Geltung kommen (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2024, 3456).

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Dr. Monika Spiekermann ist Redakteurin der NJW.