Angesichts des hohen Personalbedarfs in der Justiz ist nicht davon auszugehen, dass diese Kosten in den nächsten Jahren sinken werden, eher im Gegenteil. So suchen gerade die „ärmeren“ Bundesländer Wege, im Haushalt vermeintlich unwichtige Positionen massiv zu kürzen. In Berlin hat es nun das Gefängnistheater „aufBruch“ getroffen. Die Senatsverwaltung für Justiz hat im Rahmen der Haushaltsberatungen Ende 2024 beschlossen, den teilweise aus dem Justizhaushalt finanzierten Etat der Bühne um 70 % zu kürzen. Statt wie bisher 202.000 EUR sind für 2025 nur noch 60.000 EUR für das Projekt vorgesehen. Begründet hat die Berliner Justizsenatorin dies unter anderem damit, dass es um eine deutliche Schwerpunktsetzung zugunsten des Opferschutzes gehe. Die Resozialisierung sei Aufgabe des Justizvollzugs und der Sozialen Dienste der Justiz.
Nachvollziehbar ist dieser Weg, der für das seit 1997 erfolgreich geführte Gefängnistheater das Ende bedeuten dürfte, nicht. So haben unter anderem fünf ehemalige Berliner Justizsenatoren und -senatorinnen einen Aufruf gegen die Kürzungen veröffentlicht. Diese hatten während der jeweiligen Amtszeit das Projekt parteiübergreifend (!) unterstützt. Tatsächlich dient gerade das Gefängnistheater im Ergebnis ohne Weiteres dem Opferschutz: die Resozialisierungsfunktion ist anerkannt, und selbstverständlich ist die Rückfallquote erfolgreich resozialisierter Straftäter geringer. Wer einmal während und nach einer Aufführung erlebt hat, was erfolgreiche Theaterarbeit für langjährig Inhaftierte bedeuten kann, kann es nicht anders sehen.
Die Hinwendung zu bewusst opferorientiertem Strafvollzug ist der richtige Weg. Zwar werden die Rufe des Zeitgeistes nach härteren Strafen wieder lauter, indessen beruht der Gedanke der Resozialisierung von Strafgefangenen (s. nur § 2 S. 1 StVollzG) auf dem Sozialstaatsprinzip und der Menschenwürde – und ist nicht von Schlagzeilen der Boulevardblätter abhängig. Der kriminalpolitische Ansatz muss daher die opferbezogene Vollzugsgestaltung sein. Der jetzt in Berlin beschrittene Weg ist daher ein Irrweg – und es ist im Interesse der Gesellschaft, dass er umgehend korrigiert wird.
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