Das OLG Celle hat kürzlich in einem Verfahren wegen einer Geldbuße nach Art. 83 DS-GVO in Höhe von 4,3 Mio. EUR den BGH angerufen. Das LG Hannover hatte die Volkswagen AG zuvor von allen Vorwürfen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft erhob zunächst Rechtsbeschwerde. Diese wurde wenig später zurückgenommen. Der Freispruch ist damit rechtskräftig. In Bezug auf die noch offene Entscheidung über die Kosten erklärte sich das OLG Celle mit Beschluss vom 9.7.2025 (Az. 3 ORbs 49/25) für unzuständig und legte das Verfahren dem BGH vor.
Entscheidungen über DS-GVO-Bußgelder ab 100.000 EUR treffen die Landgerichte. Anders als im Kartellrecht hat der deutsche Gesetzgeber aber im BDSG keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen, ob die OLG oder der BGH für Rechtsmittel zuständig sind. In einem anderen Verfahren wegen eines DS-GVO-Bußgelds war der 3. Bußgeldsenat des KG von einer Zuständigkeit der OLG ausgegangen (RDi 2024, 229). Teile der Fachliteratur begründen dies mit einer Analogie zum allgemeinen Bußgeldrecht.
Folgt der BGH der Ansicht des OLG Celle, bekommt er wohl Einiges zu tun. Denn die Datenschutzbehörden beanspruchen immer mehr Kompetenzen für sich. Vor allem im Bereich der vielen EU-Digitalrechtsakte, die Unternehmen derzeit intensiv beschäftigen und vor einige Herausforderungen stellen. Dies gilt insbesondere für die KI-VO und den Data Act. Beide Verordnungen sehen vor, dass die Datenschutzbehörden zumindest für Teilbereiche ihrer Geltung und Kontrolle zuständig sind. In einer Reihe von Veröffentlichungen fordern die Datenschützer die Bundesregierung auf, ihnen in Ausführungsgesetzen zu KI-VO und Data Act auch sonstige Kontrollbefugnisse zuzuweisen.
Selbst wenn der deutsche Gesetzgeber diesen Forderungen nicht nachkommt, spielen die Datenschutzbehörden vermutlich eine gewichtige Rolle bei der Überwachung der Einhaltung anderer EU-Digitalrechtsakte. Denn KI-Systeme, KI-Modelle oder die im Data Act geregelten Daten, Datenverarbeitungsdienste oder Produktdaten umfassen häufig auch personenbezogene Daten im Sinne der DS-GVO. Dann ist ein legitimer, also gesetzeskonformer Zweck der Datenverarbeitung nötig. Zudem erfolgt die Verarbeitung entsprechender personenbezogener Daten oftmals zur Wahrnehmung berechtigter Interessen. An beidem fehlt es nach Ansicht der Datenschützer, wenn ein Verstoß gegen andere EU-Digitalrechtsakte oder sonstiges geltendes Recht vorliegt. Weitere DS-GVO-Bußgeldverfahren dürften somit fast unausweichlich sein.
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