NJW-Editorial
Gesetz für Beschäftigtendaten
NJW-Editorial

Schon in der letzten Legislaturperiode hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen interdisziplinären Beirat zum Beschäftigtendatenschutz einberufen. Nach einigen Kontroversen gab dieser im Januar 2022 die Empfehlung ab, ein eigenes Gesetz zum Datenschutz am Arbeitsplatz zu schaffen. Auch eine Entscheidung des EuGH aus dem vergangenen Jahr (NJW 2023, 1639) stellte die Rechtslage in Deutschland in Frage. Nach weiteren Diskussionen mit einem Expertenforum wurde nun der Referentenentwurf für ein Beschäftigtendatengesetz (BeschDG) vom 8.10.​2024 bekannt.

7. Nov 2024

Der Entwurf umfasst 30 teilweise umfangreiche Paragrafen, etwa zum Umgang mit Bewerberdaten, zu Einwilligungen oder zur Erforderlichkeit als Rechtsgrundlage von Datenverarbeitungen, zu Kollektivvereinbarungen zum Datenschutz, zum Profiling und zur Übermittlung von Daten im Konzern. Der BeschDG-Entwurf regelt relevante Sachverhalte. Er hat aber auch Schwächen. Beispielsweise setzen viele datenschutzrechtliche Erlaubnisnormen eine Interessenabwägung in Form einer Erforderlichkeitsprüfung voraus. Der Entwurf nennt sinnvolle Beispiele für entsprechende Kriterien. Aber er sieht bei vielen Rechtsgrundlagen auch eine unangemessene Verschiebung der Abwägungskriterien vor. Nach der DS-GVO ist eine Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen zulässig, wenn keine überwiegenden Interessen der betroffenen Person entgegenstehen. Nun soll der Arbeitgeber nachweisen, dass seine Interessen an der Verarbeitung überwiegen. Die DS-GVO erlaubt den nationalen Gesetzgebern aber lediglich spezifischere, konkretisierende Regelungen – nicht das Schaffen neuer Regeln mit anderen Maßstäben. Auch andere Regelungen sind unausgewogen. Beispielsweise ist die Abgrenzung von „Überwachung“ gegenüber zulässigen Kontrollen (etwa der Arbeitsleistung) unscharf und misslungen. Das erschwert „normale“ Kontrollen massiv.

Der Entwurf sieht auch Beweisverwertungsverbote vor, etwa bei unzulässiger Datenverarbeitung oder wenn sie in Kollektivvereinbarungen geregelt sind. Dies verstößt nicht nur gegen Unionsrecht, sondern stellt auch einen massiven Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit und in die Justizgrundrechte nach Art. 47 ff. GRCh dar. Hinzu kommen unter anderem noch umfassende Informationspflichten des Arbeitgebers und andere Regelungen, die zu erheblichem Mehraufwand für Unternehmen führen. Zudem soll der Betriebsrat künftig bei der Bestellung und Abberufung des Datenschutzbeauftragten mitbestimmen, der bekanntlich über die Einhaltung der Vorgaben des Datenschutzrechts wacht. Dies schwächt die Rolle des DSB und ist ein Verstoß gegen seine in der DS-GVO geforderte Unabhängigkeit.

Will der Gesetzgeber tatsächlich das Ziel erreichen, praxisgerechte, ausgewogene und rechtsklare Normen zu treffen, muss er im weiteren Gesetzgebungsverfahren erheblich nachbessern. 

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Rechtsanwalt Tim Wybitul ist Partner von Latham & Watkins, Frankfurt a. M., und war sowohl Mitglied im Beirat als auch im Expertenforum zum Beschäftigtendatenschutz.