NJW-Editorial
Tage des Rechts
© NJW/Harald Schnauder

An beinahe jedem Tag ein Tag, könnte man bei einem Blick in den juristischen Veranstaltungskalender denken. Gerade erst haben der Seniorenrechtstag und der EDV-Gerichtstag stattgefunden. Nun folgt der Deutsche Juristentag, gleichsam die Mutter aller Rechtstage, die es branchenbezogen (Deutscher Anwaltstag, Richter- und Staatsanwaltstag etc.) sowie rechtsgebietsspezifisch (Arbeitsrechtstag, Bankrechtstag usw.) in großer Zahl gibt.

12. Sep 2024

Der DJT, der gemäß seiner Satzung wissenschaftlich fundierte Vorschläge zur Fortentwicklung des Rechts vorlegen, auf Rechtsmissstände hinweisen und einen lebendigen Meinungsaustausch unter den Juristinnen und Juristen aller Berufsgruppen und Fachrichtungen herbeiführen will, findet alle zwei Jahre in wechselnden Städten statt, diesmal in Stuttgart. Es ist die 74. Auflage des großen Branchentreffens.

Das Format der durch Gutachten und Referate inspirierten Diskussion mit anschließender Beschlussfassung mobilisiert weiterhin eine beachtliche Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Wissenschaft und Praxis. Die Themen, die in Anbetracht der langen Vorbereitung erstaunlich aktuell sind, nehmen sehr grundsätzliche Fragen in den Blick. Diesmal sind es unter anderem rechtliche Instrumente zur Krisenbewältigung, der Klimaschutz als Aufgabe des Rechts und Herausforderungen für die Medienordnung durch die digitale und multipolare Kommunikations- und Informationskultur.

Anwaltschaft und Justiz werden mit besonderem Interesse die Abteilung Zivilrecht verfolgen, die eine effektive Rechtsdurchsetzung in den Blick nimmt. Die Frage, welcher rechtliche Rahmen sich hier empfiehlt, wird überlagert von der Tatsache, dass es trotz KapMuG, Musterfeststellungs- und Abhilfeklage nach wie vor an einem schlagkräftigen kollektiven Rechtsschutz fehlt und sogenannte Massenverfahren mit den bisherigen Regeln nicht effizient bewältigt werden können.

Auf einen verbesserten Zugang zur Justiz werden sich vermutlich noch alle verständigen können. Auf welchen Wegen er sich am besten erreichen lässt, dürfte hingegen kontrovers diskutiert werden, auch weil dabei staatliche Angebote, wie etwa die zuletzt von der Bundesregierung beschlossenen Online-Verfahren, und private Geschäftsmodelle wie Legal-Tech-Rechtsdienstleistungen und die Prozessfinanzierung, die beide einen Schwerpunkt des Abteilungsgutachtens bilden, in Konkurrenz stehen. Die Referate aus Anwaltschaft, Justiz und Legal-Tech-Branche werden unterschiedliche Interessenlagen deutlich machen, die für die Abteilungsbeschlüsse eine Herausforderung werden. Letztlich müssen die Empfehlungen, so formuliert der DJT das Ziel, einen angemessenen Rahmen sowohl für Geschädigte und Schädiger als auch für die Zivilgerichte schaffen. Und die Anwaltschaft wird ebenso wie die Legal Techs und die Prozessfinanzierer darauf pochen, dass auch ihre Anliegen dabei hinreichend berücksichtigt werden.

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Rechtsanwalt Tobias Freudenberg ist Schriftleiter der NJW, Frankfurt a.M.