Glosse
Dienstjubiläum
Glosse
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Der Anspruch auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung und Aushändigung einer Dankurkunde kann wegfallen, wenn zum Jubiläumszeitpunkt ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten geführt wird, in dem später eine Disziplinarmaßnahme gegen ihn verhängt wird. Da drängt sich doch eine Urteilsglosse auf.

10. Jul 2020

Wenn zwei es 25 Jahre oder länger miteinander ausgehalten haben, dann darf sie das ein kleines bisschen mit Stolz erfüllen. Wenn man dann noch übereinstimmend und ohne vorher mit einer üppigen Aufmerksamkeit dazu gedrängt worden zu sein, feststellt, dass trotz der ganzen Macken, die man im Laufe der Zeit am anderen zu lieben oder zumindest zu tolerieren gelernt hat, die guten die paar wenigen schlechten Tage deutlich überwogen haben, hat man ziemlich viel richtig gemacht. Schade eigentlich, dass das immer seltener gelingt und unsere Familiengerichte nach wie vor gut zu tun haben. Wir wollen jetzt keine Ursachenforschung betreiben, zumal es im Arbeitsleben ja auch nicht anders ist. Auch da lauern links und rechts des Berufswegs Verlockungen, bei denen man sich, wenn man ihnen nachgegeben hat, fragt, wie man nur konnte. Aber dann ist es zu spät, und den üppigen Präsentkorb überreicht der Chef unter dem tosenden Applaus der Kollegen einem anderen – in den allermeisten Fällen auch noch mit dem Segen der Justiz (Urt. v. 23.4.2020 – BVerwG 2 C 3/19).

Der spätere Kläger trat im Jahr 1991 in den mittleren Vollzugsdienst des Landes Berlin ein und schaffte es im Laufe der Zeit bis zum Polizeikommissar. Weil aber das süße Leben ganz generell und in Berlin im Besonderen seinen Preis hat und dort niemand für einen A9-Bezieher trotz diverser Zulagen auf den Tischen tanzt, sah unser PK sich ab 2012 gezwungen, sein Salär mit Auftritten in Fernsehsendungen, Musikvideos und im Rahmen von Wrestling-Veranstaltungen aufzubessern. Ob diese Nebentätigkeiten derart lukrativ waren, dass sie ein Leben in Saus und Braus inklusive ausschweifender Champagnerfeten ermöglichten, oder ob der Kläger nur seine vielfältigen Talente ausleben wollte, für die selbst der gehobene Polizeidienst einfach nicht die richtige Bühne bot, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass der Dienstherr die Showacts nicht genehmigt hatte. Und wir wissen außerdem, dass er dem PK trotz eines raffinierten Künstlernamens irgendwann auf die Schliche kam. Die Dinge nahmen daraufhin ihren disziplinarrechtlichen Verlauf. Aber keine Sorge, am Ende des Disziplinarverfahrens durfte der PK weiterhin der Berliner Unterwelt mit den dafür vorgesehenen dienstlichen Maßnahmen einheizen; allerdings wurde der rund vierjährige Ausflug ins Showbiz mit einer Disziplinarverfügung über 500 Euro gewürdigt. Das wäre nun alles nicht weiter der Rede wert gewesen, wenn die ganze Geschichte nicht ausgerechnet in dem Jahr aufgeflogen wäre, in dem sich der Kläger für sein silbernes Dienstjubiläum feiern lassen wollte. Denn diese Feier fiel ersatzlos aus – und mit ihr die Jubiläumszuwendung nebst Dankesurkunde für 25 Jahre mehr oder minder treu geleistete Dienste. Da war dann auch für den Kläger der Punkt erreicht, an dem sein Gerechtigkeitsempfinden nicht mehr wollte. Leider konnte Justitia für diesen Unwillen keinen Grund erkennen, schon gar keinen triftigen. Denn wer sich im Jubiläumszeitpunkt mit einem Disziplinarverfahren herumschlagen muss, das mit einer Sanktion endet, der darf sich nicht wundern, wenn der Dienstherr den Präsentkorb am Ende des Tages einem anderen überreicht (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2020, 13365). •

Dr. Monika Spiekermann.