Kann ein Geldeintreiber vom Schuldner eine Gebühr verlangen, wenn die Inkassofirma zum selben Konzern wie der Gläubiger gehört? Ein Fall für den BGH. Ob die Birkenstock-Sandalen Urheberrechtsschutz genießen, steht ebenfalls auf der Agenda der obersten Zivilrichter. Und das BAG befasst sich mit der Zielvorgabe für eine Führungskraft sowie dem Arbeitgeberanteil eines nicht mehr ganz jungen Quereinsteigers in den Schuldienst der Katholischen Kirche. Nebenher geht es dabei um ein angebliches Anwaltsverschulden bei der Revisionsbegründung.
Konzerninkasso. Wer mit gutem Grund von einem Inkassodienstleister angegangen wird, muss eine „Vergütung“ für dessen Tätigkeit zahlen – als ersatzfähigen Verzugsschaden für die Rechtsverfolgung. Doch gilt das auch, wenn dieser demselben Konzern angehört wie der Gläubiger? Dieser Grundsatzfrage will der BGH am 19.2. nachgehen. Die Musterfeststellungsklage eingereicht hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und war damit vor dem OLG Hamburg in erster Instanz auch erfolgreich. Prozessgegner ist ein Unternehmen, dessen Geschäft unter anderem der Erwerb von Forderungen ist. Mit deren Einziehung beauftragt es eine Schwestergesellschaft, die Inkassodienstleistungen erbringt. Laut Vereinbarung zwischen beiden macht die Schuldeneintreiberin die (bis zur erfolgreichen Einziehung von der Musterbeklagten gestundete) Vergütung gegenüber dem jeweiligen Zahlungspflichtigen geltend. Überweist er das Geld getreulich, behält sie den entsprechenden Betrag ein; andernfalls tritt die Klagegegnerin den Schadensersatzanspruch wiederum an die Inkassodienstleisterin ab, die dann vom Schuldner obendrein Verzugszinsen verlangt. Ihre Vergütung beträgt eine 1,3-fache Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG.
Wie die Konsumentenschützer schlossen auch die hanseatischen Oberrichter in erster Instanz einen Anspruch auf Erstattung aus. Sie sahen sogar Indizien für einen Missbrauch des Wettbewerbsrechts durch „Abmahngeschäfte“ in anwaltlicher Eigenregie. Denn bei dieser Gestaltung werde die Tätigkeit der Inkassofirma faktisch durch die Zahlungen der leistenden Schuldner vergütet, die damit zugleich die gescheiterte Durchsetzung gegenüber den Nichtzahlern finanzierten. Somit gebe es beim Musterbeklagten keinen Schaden.
Kultschlappen. Genießen die vor allem in Öko-Kreisen beliebten Sandalen des Herstellers Birkenstock Urheberrechtsschutz? Das Unternehmen mit Sitz in Linz am Rhein klagt mit dieser Begründung gegen Konkurrenten, die über das Internet ähnliches Schuhzeug vertreiben. Im Gegensatz zum LG Köln befand das dortige OLG: Die Schlappen erfüllten nicht die Anforderungen von EuGH und BGH an ein Werk der angewandten Kunst (§ 2 I Nr. 4 und II UrhG). Schuhmodelle müssten dafür eine künstlerische Leistung darstellen. Doch hier werde der kreative Gestaltungsspielraum durch den „Gebrauchszweck einer am natürlichen Gang orientierten Gesundheitssandale“ eingeschränkt. Künstlerische Entscheidungen ließen sich aus dem Erscheinungsbild nicht herleiten. Verhandelt hat der I. Zivilsenat des BGH Anfang Januar (NJW-aktuell H. 1–2/2025, 6), sein Verdikt verkünden will er nun am 20.2. – und sei es vorerst nur eine Vorlage an die Europarichter.
Arbeits- und Anwaltsrecht. Wann und wie genau eine Zielvorgabe berechnet und mitgeteilt werden muss, will das BAG am 19.2. im Fall eines Mitarbeiters mit Führungsverantwortung präzisieren. Der als „Head of Advertising“ an seinem Standort tätige Mann erhielt 2019 beim Verlassen des Unternehmens eine variable Vergütung von rund 15.000 EUR. Er macht diverse Fehler bei der Festsetzung geltend und verlangt weitere circa. 16.000 EUR. Am Tag darauf geht es in Erfurt um einen Gymnasiallehrer, der mit 46 Jahren als Quereinsteiger in den Dienst einer bayerischen Erzdiözese eintrat. Er sieht sich wegen seines Alters diskriminiert, weil die Kirchenordnung für über 45-jährige Dienstanfänger die Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung verweigert. Überdies hatte sein Anwalt die Frist für die Begründung der Revision verpasst. Der 6. Senat will sich der Rechtsprechung des BGH zu den entsprechenden Sorgfaltspflichten anschließen und hat vier andere Senate gefragt, ob sie an den anderslautenden Kriterien der obersten Arbeitsrichter festhalten.
Sonstiges. Der BGH befasst sich am 21.2. mit dem Rückschnitt einer hessischen Bambushecke. Vor dem BVerwG geht es am 19.2. um eine bayerische Quarantäneverordnung aus 2020 für Rückkehrer aus Coronagebieten.
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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.