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Die Aufbereitung der Covid-Pandemie lässt der Justiz keine Ruhe. Der BGH muss sich mit einer Versammlung von Wohnungseigentümern befassen, bei der aus Quarantäne-Gründen die Verwalterin mutterseelenallein im Versammlungsraum saß. Auch geht es in Karlsruhe um staatliche Entschädigungen für Hoteliers und Gastwirte, die schließen mussten. Außerdem: Die obersten Zivilrichter urteilen über Neuregelungen für Barrierefreiheit von Eigentumswohnungen. Und das BAG über die Kosten einer Betriebsratsschulung.

1. Feb 2024

Corona I. Die Justiz leidet unter „Long-Covid“: Der BGH muss sich am 9.2. mit Beschlüssen einer Wohnungs­eigentümergemeinschaft beschäftigen, die wegen der damals grassierenden Pandemie nur durch Vollmachten an die Verwaltungsfirma zustande kamen. Für deren Vertreterin war es eine einsame Veranstaltung: Mutterseelenallein saß die Angestellte im November 2020 im „Versammlungsraum“ und übte die fünf der ihr von den insgesamt 24 Eignern ausgestellten Vollmachten sowie Weisungen aus. Einige Eigenheimer hatten das Formular zur Bevollmächtigung freilich nicht ausgefüllt und ziehen nun gegen die gefassten Entscheidungen zu Felde. Das LG Frankfurt a. M. schlug sich ganz auf die Seite dieser abwesenden Gemeinschaftsangehörigen: Die Nichtigkeit der Beschlüsse ergebe sich aus einer Verletzung des individuellen Rechts eines jeden Eigentümers auf persönliche Anwesenheit an einer Versammlung. Das Einladungsschreiben habe nur so verstanden werden können, dass eine eigene Teilnahme an der Zusammenkunft nicht möglich sei und somit die Ausübung des Teilhabe- und Stimmrechts allein durch eine Bevollmächtigung der Verwalterin erfolgen könne. Darin sahen die Landrichter der Mainmetropole eine „Ausladung“ und einen Eingriff in den unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentumsrechts.

Der sei auch nicht mit der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen durch Gesetze und Verordnungen zum Infektionsschutz zu rechtfertigen. Vielmehr habe der Gesetzgeber in § 6 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungs­eigentumsrecht lediglich die Fortgeltung einer Verwalterbestellung und eines beschlossenen Wirtschaftsplans geregelt; für die Durchführung von Versammlungen der Immobilieneigner habe er hingegen keine Regelungen getroffen. Diese hätten sich deshalb an die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes, die darauf gestützten landesrechtlichen Verordnungen sowie die wohnungseigentumsrechtlichen Vorgaben halten müssen. Wenn der V. Zivilsenat sich der Sache annimmt, bleibt freilich eine kleine Hintertür, um der Rechtsfortbildung in Seuchenfragen zu entgehen: Im Gegensatz zum LG hatte das AG in der Bankencity die Beschlussmängelklage aus formalen Erwägungen abgeschmettert. Denn die einmonatige Frist für eine Anfechtungsklage sei bereits verstrichen gewesen. Abhilfe könnte da für die Zukunft der Bundestag schaffen. Der hat vorvergangenen Donnerstag eine halbe Stunde, bevor die Stunde Mitternacht schlug, in erster Lesung beschlossen: Wohnungseigentümerversammlungen sollen künftig rein virtuell stattfinden können.

Corona II. Ob Hoteliers und Gastronomen für die Zwangsschließungen wegen Covid-19 eine Entschädigung vom Staat verlangen können, hat der BGH erst am 1.2. abermals untersucht (NJW-aktuell H. 5/2024, 6). Doch wie sieht es andersrum aus? Eine Frau will von einer Herberge in Lüneburg das Geld für sich und vier Mitreisende zurück, wo sie drei Doppelzimmer für Mai 2020 gebucht hatte. Der Tarif war „nicht stornierbar“, doch der Tourismus-Trip fiel der Virenplage zum Opfer: Niedersachsen hatte solche Ausflüge untersagt. Der ­Inhaber verweigerte die Rückzahlung und bot lediglich eine Verschiebung der Visite an – bis längstens Ende des Jahres. Das AG Charlottenburg und das LG Berlin sprachen den verhinderten Reisenden das Geld zu: Es habe ein staatliches Beherbergungsverbot und ein „relatives Fixgeschäft“ vorgelegen. Darum geht es am 7.2. in Karlsruhe.*

Dies & das. Mit der Reform des WEG wurde das Recht von Wohnungseigentümern gestärkt, Umbauten für eine Nutzung durch Menschen mit Behinderungen zu verlangen. Sein Verdikt zur neuen Barrierefreiheit, über die der BGH schon im Dezember verhandelt hat (NJW-aktuell H. 49/2023, 6), will er nun am 9.2. verkünden. Das BAG judiziert am 7.2. über die Freistellung von Übernachtungs- und Verpflegungskosten für die Teilnehmer an einer Präsenzschulung zum Betriebsver­fassungsrecht. Die Arbeitgeberin hatte günstigere Veranstaltungsorte vorgeschlagen – oder stattdessen ein Webinar.

 

*Transparenzhinweis: Der Termin wurde am 7.2., 8.27 Uhr, aktualisiert. jja.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.