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Die Rechte von Betriebsräten beschäftigen das Bundesarbeitsgericht gleich dreifach. So geht es um Sozialpläne, verspätete Wahlen und schlechtere Betriebsvereinbarungen. Der Bundesgerichtshof prüft außerdem einen umstrittenen Strafrabatt nach einer „Hinrichtung“ im Rocker-Milieu.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 3. Feb 2022.

Zu spät gewählt. Betriebsräte haben allerhand zu sagen. Das BAG will sich am 8.2. gleich mit drei verschiedenen Aspekten ihrer Zuständigkeiten befassen. So fordern die Belegschaftsvertreter eines Dienstleisters für Dialogmarketing die Aufstellung eines Sozialplans, nachdem die meisten der Beschäftigten entlassen worden sind. Das Problem: Gewählt wurden sie erst als Reaktion auf die Stilllegung des Betriebs. Zu spät, befand das ArbG Frankfurt a. M. – der Betriebsrat könne keinen Anspruch geltend machen, da die Betriebsänderung bereits vor dem Urnengang durchgeführt worden sei. So auch das LAG Hessen, wenngleich mit einem anderen Fokus: Selbst wenn ein Mitbestimmungsrecht bestanden haben sollte, wäre das begehrte Verfahren bereits durchgeführt worden. Denn die Oberrichter hatten unterdessen eine Einigungsstelle zur Verhandlung über einen Sozialplan bestellt, die darüber auch bereits entschieden hat. Damit wäre der Kammer zufolge nur eine Anfechtung dieses Spruchs in Betracht gekommen – doch die sei unterblieben.

Analytische Arbeitsbewertung. Aber auch bei der Ablösung einer Betriebsvereinbarung kann es haken. Ein Unternehmen der Stahlindustrie hatte im Jahr 1967 eine solche geschlossen. Darin vereinbarten beide Seiten, dass die Einstufung in die Lohngruppen und die Festsetzung von Tarifzulagen nach dem maßgeblichen Lohnrahmentarifvertrag anhand einer analytischen Arbeitsbewertung erfolgen sollte; auch regelten sie die Lohnbestandteile von „Prämienarbeitern“. Für mehr Geld streitet nun ein Industriemechaniker, der als „Universalkraft“ im Bereich der Kurbelwellenherstellung eingruppiert war. Vor vier Jahren vereinbarten die Betriebsparteien nämlich stattdessen ein summarisches Entlohnungssystem: Dessen Einführung sollte der „Abschmelzung“ dienen. Die Einstufung nahm eine paritätisch besetzte Kommission vor, der unter anderem der Betriebsratsvorsitzende angehörte – und durch die sich der Kläger unterm Strich verschlechterte. Das ArbG Wuppertal und das LAG Düsseldorf wiesen ihn ab. Zwar hätten die drei Belegschaftsvertreter keinen wirksamen Beschluss gefasst, da sie nur miteinander telefoniert hätten. Doch bei der Unterschrift unter die neue Betriebsvereinbarung habe der Vorsitzende eine Rechtsscheinvollmacht besessen. Denn der Arbeitgeber habe von der mangelhaften Beschlussfassung nichts gewusst und auf die wirksame Vertretung des Betriebsratsgremiums durch ihn vertraut.

Gekappte Abfindung. Trefflich streiten lässt sich zudem über die Höhe einer Abfindung. Ein Beschäftigter eines IT-Dienstleisters aus der Telekommunikationsbranche, der zuletzt ein Monatsgehalt von knapp 8.000 Euro bezogen hatte, verlangt mehr Geld, als ihm nach der Stilllegung des Betriebs der Sozialplan zusprach: Weil die dort vorgesehene Grundabfindung auf 230.000 Euro pro Personen gedeckelt war, entgingen ihm rund 50.000 Euro. Darin sah der Mann eine Altersdiskriminierung, weil sich die Berechnung für nicht rentennahe Jahrgänge nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtete. Das ArbG Darmstadt und das LAG Hessen erblickten hingegen weder eine mittel- noch eine unmittelbare Benachteiligung: „Zu den rechtmäßigen Zielen eines Sozialplans zählt die Begrenzung der Abfindungshöhe für wirtschaftlich abgesicherte Arbeitnehmer:innen und die gerechte Verteilung der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Sozialplanleistungen“, schrieben die Frankfurter Oberrichter.

Strafrabatt. Es war nicht nur ein schlagzeilenträchtiger Mordprozess, sondern auch ein Urteil mit einem besonderen Aspekt: Das LG Berlin hatte acht Berliner „Hells Angels“ – darunter deren Anführer – eines Racheakts an einem Rocker für schuldig befunden. Die Richter gewährten jedem der Angeklagten einen Vollstreckungsabschlag von zwei Jahren wegen Verstoßes gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 I EMRK), weil das LKA die tödlichen Schüsse in einem Wettbüro womöglich hätte verhindern können. Der BGH verkündet am 7.2. seine Entscheidung.