Fremdbesitzverbot. Am 19.12. könnte etwas kippen, was viele für eine tragende Säule des Anwaltsberufs und die Garantie seiner Unabhängigkeit halten: das Verbot, dass sich reine Finanzinvestoren an Kanzleien beteiligen. An diesem Tag verkündet nämlich der EuGH sein Urteil über eine Vorlage des Bayerischen AGH. Vor den Münchener Richtern geklagt hat Daniel Halmer, Anwalt sowie Gründer und Geschäftsführer des Legal-Tech-Unternehmens Conny (früher: Wenigermiete.de). Denn die Anwaltskammer in der Hauptstadt des Freistaats hat einer von ihm gegründeten Rechtsanwaltsgesellschaft die Zulassung entzogen. Der Grund: Halmer hatte 51 von 100 Anteilen seiner UG an eine österreichische GmbH verkauft, die weder dort noch in Deutschland als Rechtsanwaltsgesellschaft anerkannt ist. Das verstoße zwingend gegen die BRAO in ihrer damaligen Fassung. Wobei die Anwaltsrichter ebenso wie Halmers Anwalt Dirk Uwer von Hengeler Mueller unterstreichen, dass sich dabei auch durch die große BRAO-Reform von 2022, die den Kreis sozietätsfähiger Berufe auf zahlreiche weitere Branchen – vom Arzt über den Apotheker bis zum Architekten – sowie weitere Rechtsformen erstreckt hat, nichts geändert habe.
Der AGH argwöhnt, dass das Drittbeteiligungsverbot ebenso wie die Pflicht der Gesellschafter, aktiv in einer Berufsausübungsgesellschaft mitzuarbeiten, gegen die Kapitalverkehrs- und die Niederlassungsfreiheit (Art. 63 und 49 AEUV) sowie die Dienstleistungsrichtlinie verstoßen. Halmer argumentiert, die Regeln in der Gesellschaftssatzung und gesetzliche Vorschriften etwa im GmbHG reichten zum Schutz der Mandanten aus. Die Münchener Richter zählen zudem genüsslich eine Vielzahl von Berufen auf, die nunmehr einer solchen Gesellschaft angehören dürften – bis hin zu Lotsen, Handelschemikern, Lehrern und Schriftstellern. Überdies könnten Anwälte auch von einem kapitalkräftigen Kanzleikollegen oder einem bedeutenden Kunden wirtschaftlich abhängig sein. Genau jene Weiterungen durch die BRAO-Reform machen dem Fremdbeteiligungsverbot aus Sicht von Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona den Garaus: Die mangelnde Kohärenz verstoße gegen die Dienstleistungsrichtlinie, befand er in seinen Schlussanträgen – bei allem Spielraum der Mitgliedstaaten, aus Gründen des Allgemeininteresses Beschränkungen zu verhängen. Nicht überzeugen konnte ihn das Argument der Anwaltskammer, das Ganze sei ein „konstruierter Fall“: Die klagende UG habe selbst keine Anwaltstätigkeit entfaltet, und angesichts eines Stammkapitals von 100 Euro sei das auch nicht zu erwarten, so die RAK.