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USM

Die hochpreisigen Designermöbel der Schweizer Firma USM schmücken viele Wohnzimmer, Büros und Praxisräume. Der BGH beugt sich über deren Klage gegen ein Nürnberger Unternehmen, dem sie Plagiate vorwirft. Am BVerfG geht es um eine Reform des BKA-Gesetzes, die im Kampf gegen Terrorismus heimliche Überwachungsmaßnahmen wie etwa den Einsatz von Wanzen zulässt. Und der EuGH urteilt über diverse Fälle aus Deutschland.

14. Dez 2023

Designermöbel. Die Berner Zeitung hatte eigens einen Redakteur in die Verhandlung am BGH entsandt. Der szenische Einstieg seines Berichts taugt als Lehrbeispiel für Journalistenschüler: „Die rund 30 Anwesenden warten geduldig im Saal, manche unterhalten sich leise, sonst ist es still. ‚Wie an einer Beerdigung‘, raunt eine Frau.“ Schreibt Johannes Reichen und fragt besorgt: „Hat sie vielleicht recht? Könnte es sein, dass hier und heute gerade ein Mythos des Schweizer ­Designs zu Grabe getragen wird?“ Denn der I. Zivilsenat erörterte im November eine Klage des Schweizer Familienunternehmens USM Haller gegen die Nürnberger Möbelfirma Konektra. Fans des Baukastensystems, dessen Regale, Kommoden, Sideboards und sonstigen Elemente viele Privatwohnungen ebenso schmücken wie Büros, Anwaltskanzleien oder Arztpraxen, nennen die kombinierbaren Rundrohre mit ihren kugelförmigen Verbindungsknoten und bunten, als Tablare bezeichneten Verblendungen ikonisch. Erfunden wurde es in den 1990 er Jahren von dem Architekten Fritz Haller. Dessen Nachfahren werfen dem mittelfränkischen Unternehmen Plagiate vor: Es biete in seinem Online-Shop Ersatz- und Erweiterungsteile an, die in Form und überwiegend auch Farbe den Original-Komponenten ihres eigenen Modulsystems entsprächen.

In den Vorinstanzen haben die Schweizer zwar weitgehend gewonnen – jedoch auf ganz unterschiedlicher Rechtsgrundlage. Das LG Düsseldorf sah eine Verletzung des Urheberrechts, denn bei dem Möbelbausystem handele es sich um ein geschütztes „Werk der angewandten Kunst“ (§ 2 I Nr. 4 und II UrhG). Das dortige OLG befand hingegen, die Anforderungen des EuGH hierfür seien nicht erfüllt, weil die Gestaltungsmerkmale kein „Ausdruck freier kreativer Entscheidungen“ seien. Das Angebot der Nürnberger sei aber unlauter, weil es die Abnehmer über die betriebliche Herkunft der angebotenen Produkte täusche (§ 4 Nr. 3 Buchst. a UWG). Die Produkte aus dem kleinen Münsingen im Kanton Bern hätten nämlich wettbewerbliche Eigenart, weil die Gestaltungsmerkmale nach ihrem Gesamteindruck auf die Herstellerin hinwiesen. Am 21.12. will der BGH seinen Entscheid verkünden. Allerdings deutet alles darauf hin, dass er dann nur eine Anrufung der Europarichter bekanntgeben wird.

Gefahrenabwehr. Das BVerfG befasst sich am 20.12. mit einer Reform des BKA-Gesetzes aus dem Jahr 2017. Die Regelungen ermächtigen die Wiesbadener Kriminalisten im Rahmen der Terrorabwehr zur heim­lichen Überwachung von Kontaktpersonen unter Einsatz von Wanzen, V-Leuten, Verdeckten Ermittlern und längerfristigen Observationen. Angegriffen wird überdies die Verarbeitung von Personendaten im eigenen Informationssystem sowie im polizeilichen Informationsverbund. Der Erste Senat hält sein Mitglied Heinrich Amadeus Wolff nicht für befangen; er hatte selbst um diese Prüfung gebeten, weil er sich teilweise kritisch zu eben dem Urteil aus Karlsruhe geäußert hatte, das zu jenen Gesetzesänderungen geführt hatte (NJW 2016, 1781). Organisiert hat die Verfassungsbeschwerde die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

Vermischtes. Gleich elf deutsche Energieversorger wollen vor dem EuGH die Genehmigung der EU-Kommission für die Übernahme der RWE-Tochter Innogy SE durch den Konkurrenten E.ON SE zu Fall bringen. Am 20.12. kommt das Urteil. Am Tag drauf befinden die Luxemburger Richter über eine Vorlage des BAG zum Datenschutz. Ein Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der nordrhein-westfälischen Krankenkassen wendet sich dagegen, dass die für die Überprüfung von Krankschreibungen zuständige Einrichtung auch bei seiner eigenen langfristigen Arbeitsunfähigkeit tätig wurde. Die öffentlich-rechtliche Einrichtung verteidigt sich damit, für die Begutachtung von eigenen Mitarbeitern gebe es eine virtuelle „Organisationseinheit Spezialfall“ an einem anderen Standort, und verweist auf das strafbewehrte Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I). Am selben Tag entscheiden die Europarichter über drei Vorlagen des KG zu Anträgen der Berliner Generalstaatsanwaltschaft.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.