Designermöbel. Die Berner Zeitung hatte eigens einen Redakteur in die Verhandlung am BGH entsandt. Der szenische Einstieg seines Berichts taugt als Lehrbeispiel für Journalistenschüler: „Die rund 30 Anwesenden warten geduldig im Saal, manche unterhalten sich leise, sonst ist es still. ‚Wie an einer Beerdigung‘, raunt eine Frau.“ Schreibt Johannes Reichen und fragt besorgt: „Hat sie vielleicht recht? Könnte es sein, dass hier und heute gerade ein Mythos des Schweizer Designs zu Grabe getragen wird?“ Denn der I. Zivilsenat erörterte im November eine Klage des Schweizer Familienunternehmens USM Haller gegen die Nürnberger Möbelfirma Konektra. Fans des Baukastensystems, dessen Regale, Kommoden, Sideboards und sonstigen Elemente viele Privatwohnungen ebenso schmücken wie Büros, Anwaltskanzleien oder Arztpraxen, nennen die kombinierbaren Rundrohre mit ihren kugelförmigen Verbindungsknoten und bunten, als Tablare bezeichneten Verblendungen ikonisch. Erfunden wurde es in den 1990 er Jahren von dem Architekten Fritz Haller. Dessen Nachfahren werfen dem mittelfränkischen Unternehmen Plagiate vor: Es biete in seinem Online-Shop Ersatz- und Erweiterungsteile an, die in Form und überwiegend auch Farbe den Original-Komponenten ihres eigenen Modulsystems entsprächen.
In den Vorinstanzen haben die Schweizer zwar weitgehend gewonnen – jedoch auf ganz unterschiedlicher Rechtsgrundlage. Das LG Düsseldorf sah eine Verletzung des Urheberrechts, denn bei dem Möbelbausystem handele es sich um ein geschütztes „Werk der angewandten Kunst“ (§ 2 I Nr. 4 und II UrhG). Das dortige OLG befand hingegen, die Anforderungen des EuGH hierfür seien nicht erfüllt, weil die Gestaltungsmerkmale kein „Ausdruck freier kreativer Entscheidungen“ seien. Das Angebot der Nürnberger sei aber unlauter, weil es die Abnehmer über die betriebliche Herkunft der angebotenen Produkte täusche (§ 4 Nr. 3 Buchst. a UWG). Die Produkte aus dem kleinen Münsingen im Kanton Bern hätten nämlich wettbewerbliche Eigenart, weil die Gestaltungsmerkmale nach ihrem Gesamteindruck auf die Herstellerin hinwiesen. Am 21.12. will der BGH seinen Entscheid verkünden. Allerdings deutet alles darauf hin, dass er dann nur eine Anrufung der Europarichter bekanntgeben wird.