Bagatellgrenze. Die rund 4.500-Seelen-Kommune Ummendorf in Baden-Württemberg könnte dazu beitragen, dass der EuGH in einer umkämpften Frage mehr Klarheit schafft: Wann haben Betroffene bei einem Datenschutzverstoß Anspruch auf immateriellen Schadensersatz? In einem Fall aus Österreich hatten sich die Europarichter halbwegs salomonisch gezeigt: Eine Verletzung der DS-GVO durch die Sammlung von Daten über politische Affinitäten der Bevölkerung durch die Post müsse nicht automatisch zu einer Geldzahlung führen – eine „Erheblichkeitsschwelle“ gebe es aber auch nicht. Womit sie den Ball an die Mitgliedstaaten zurückspielten. Eine Wegweisung für den Umgang mit dem deutschen Recht wollen sie nun am 14.12. dem LG Ravensburg erteilen. Das möchte gern ein Schmerzensgeldverlangen mangels Überschreitung einer Bagatellgrenze abschmettern. Daran sieht es sich aber von der Einschätzung gehindert, dass die nationale Rechtsprechung zu immateriellem Schadensersatz bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht für die Auslegung von Art. 82 DS-GVO herangezogen werden kann.
Der Rechtsstreit nahm seinen Anfang bei der verweigerten Zuteilung von Bauplätzen. Die Kläger stoßen sich daran, dass die Tagesordnung für die Gemeinderatssitzung im Internet mit ihren Namen veröffentlicht worden war, ebenso eine nicht anonymisierte Entscheidung des VG Sigmaringen zu ihren Gunsten. Doch die Luxemburger Richter werden noch weitere Gelegenheiten haben, Anfragen aus Deutschland zu beantworten. So liegt ein Vorlagebeschluss des BGH auf ihrem Tisch: Eine Nachricht an einen Bewerber für eine Stelle bei einer Bank, in der seine Gehaltsforderungen zurückgewiesen wurden, war auch an einen Ex-Kollegen geschickt worden. Die Karlsruher Richter wollen wissen, ob „bloße negative Gefühle wie zum Beispiel Ärger, Unmut, Unzufriedenheit, Sorge und Angst, die an sich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und oft des täglichen Erlebens sind“, für einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich genügen (GRUR-RS 2023, 30210). Und das BAG begehrt Aufschluss, ob Opfern einer illegalen Datenverarbeitung ein Schaden „von einigem Gewicht“ entstanden sein muss, wenn sie entschädigt werden wollen. Hier hatte ein Arbeitgeber Abrechnungsdaten im Personal-Informationsmanagementsystem „Workday“ – und damit in der Cloud auf einem US-Server – gespeichert (NZA 2023, 363).
Krankmeldung. Seit Anfang 2023 hat der „Gelbe Schein“ weitgehend ausgedient: Wer krankgeschrieben wird, muss zwar dem Arbeitgeber schleunigst seine Verhinderung mitteilen. Doch dem wird das Attest nun auf Abruf elektronisch von der Krankenkasse übermittelt. Ausnahmen bleiben etwa für Privatpatienten. Doch welchen Beweiswert hat das Statement des Mediziners, wenn sich ein Beschäftigter nach Erhalt einer Kündigung postwendend unpässlich meldet? Einen geringen, so vor zwei Jahren das BAG (NJW 2022, 490). Am 13.12. wollen die Erfurter Richter die eher umgekehrte Konstellation beleuchten: Das LAG Niedersachsen hatte es in der Vorinstanz nicht verdächtig gefunden, dass sich zunächst der Mitarbeiter einen Atemwegsinfekt hatte bescheinigen lassen und erst danach (wenngleich fast zeitgleich) entlassen wurde (NZA-RR 2023, 285).
Kanzleiklemme. Vor dem BSG kämpft am 13.12. eine Anwältin für ein höheres Arbeitslosengeld II für das halbe Jahr 2011. Bei einem monatlichen Einkommen von 162 Euro bewilligte ihr damals das Jobcenter 693 Euro (davon 378 Euro für Unterkunft und Heizung). Ausgaben für das Jobticket wollte es nicht als Betriebsausgaben anerkennen, obwohl die Juristin es nach eigenen Angaben nur für dienstliche Termine nutzte – ihr privates Umfeld könne sie zu Fuß erreichen. Doch diese Ausgaben sind laut LSG Berlin-Brandenburg durch den Grundfreibetrag von 100 Euro monatlich abgegolten, wenn das Monatseinkommen nicht 400 Euro übersteigt (§ 11b II SGB II). So auch der Pflichtbeitrag fürs anwaltliche Versorgungswerk von monatlich 109 Euro, da dieses eine umfangreichere Versorgung biete als die Sozialversicherung.