Schotten dicht. Die schlimmsten Zeiten der Corona-Pandemie scheinen überstanden – möge es so bleiben! Doch die Justiz hat mit ihrer eigenen Art von „Long-Covid“ zu kämpfen: Am 1.2. befasst sich der BGH mit der Forderung von zwei Hotelbetreibern auf Entschädigung. Zweimal hatten sie im Lockdown ihre Zimmer für Touristen versperren und ihre Restauranttische leer lassen müssen. Zugrunde lagen Beschränkungen und Verbote durch Allgemeinverfügungen und Corona-Verordnungen der Freien Hansestadt Bremen, und zwar von März bis Mai 2020 und von November 2020 bis Juni 2021. Die beiden Kläger sind Teil einer bundesweit tätigen Hotelgruppe und wollen nun Kosten sowie Gewinneinbußen ersetzt bekommen. Nach ihrer Ansicht waren die angeordneten Schutzmaßnahmen rechtswidrig – zumal sie ein eigenes Hygienekonzept erarbeitet und umgesetzt hätten. Mittlerweile sei ihre vor der Krankheitswelle unproblematische wirtschaftliche Lage existenzbedrohend, auch unter Berücksichtigung der gewährten, allerdings ihres Erachtens unzureichenden staatlichen Hilfen.
Vor dem LG Bremen hatten sie damit keinen Erfolg, ebenso wenig vor dem dortigen OLG. Der unter anderem für das Amts- und Staatshaftungsrecht zuständige III. Zivilsenat in Karlsruhe will die Rechtslage mit Blick auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 GG, ferner auf §§ 28 und 32 IfSG, die Schutzmaßnahmen und den Erlass von Rechtsverordnungen regeln, sowie auf § 117 BremPolG, der zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände normiert, prüfen. Allzu viel Hoffnung sollten sich die Hoteliers aber wohl nicht machen, wenngleich der Senat die Revision zugelassen hat. Denn die Bundesrichter haben bereits vor knapp zwei Jahren entschieden: Es gibt keine Staatshaftung für Betriebsschließungen zur Pandemieabwehr. Verloren hatte jenen Prozess ein Gastronom und Hotelier aus Brandenburg (NJW 2022, 2252).
Unfallverhütung. In Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten ist ein Arbeitsschutzausschuss zu bilden (§ 11 Arbeitssicherheitsgesetz). Das BVerwG muss am 1.2. entscheiden, inwieweit sich der Begriff mit jenem aus §§ 1 I 1 und 4 1 BetrVG deckt. Einer bundesweiten Kette von Bau- und Gartenmärkten hatte die Stadt Ulm aufgegeben, in der dortigen Filiale ein eigenes Gremium für Arbeitsschutz und Unfallverhütung zu installieren. Der Konzern wandte ein, dort gebe es einen Betriebsrat und einen Sicherheitsbeauftragten nach § 22 SGB VII; im Übrigen würden die maßgeblichen Entscheidungen und Maßnahmen in der Zentrale getroffen, da die Niederlassungen gleichartig gestaltet seien. Doch weder das VG Sigmaringen noch der VGH Mannheim ließen sich erweichen: Hier liege kein atypischer Fall vor, der eine Ausnahme rechtfertige. Da helfe auch die Gesamtbetriebsvereinbarung zur Bildung eines zentralen Arbeitsschutzausschusses für alle Filialbetriebe nicht.
Kirchenaustritt. Das Arbeitsrecht der Religionsgemeinschaften lässt dem BAG einfach keine Ruhe. Gerade erst hat der EuGH die Vorstellung der Schlussanträge am 11.1. abgeblasen, in denen Generalanwalt Priit Pikamäe seine Meinung zu einer Vorlage der Erfurter Richter kundtun wollte: Die Caritas hatte einer Hebamme, die dort schon einmal beschäftigt gewesen war, gekündigt, weil sie vor ihrer neuen Einstellung aus der katholischen Kirche ausgetreten war. Doch im Dezember machte der Sozialverband einen Rückzieher und das Verfahren überflüssig. Nun wollen die Erfurter Arbeitsrichter am 1.1. über den Rauswurf einer Sozialpädagogin befinden. Sie arbeitete bei einem Verein, der der Aufsicht des Diözesanbischofs unterliegt, in der Schwangerschaftsberatung. Im Jahr 2013 – kurz nach Beginn ihrer sechsjährigen Elternzeit – kehrte sie der Religionsgemeinschaft den Rücken. Seit einem päpstlichen Schreiben stellte die Einrichtung, in der auch evangelische Mitarbeiterinnen beschäftigt sind, keine Beratungsscheine als Voraussetzung für eine straffreie Abtreibung mehr aus. Das LAG Hessen befand: Die Frau werde ohne Rechtfertigung wegen ihrer Religion diskriminiert.