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Die Termine der 5. Kalenderwoche
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Wann können sich Geschäftsführer den Beiträgen in den vier Zweigen der Sozialversicherung entziehen? Das Bundessozialgericht schaut in drei Fällen genauer hin, in denen der Versicherungsträger ihnen trotz ihrer Stellung als Gesellschafter die Selbstständigkeit absprach. Außerdem: Das Bundesarbeitsgericht befasst sich mit der Lage wissenschaftlicher Mitarbeiter an Hochschulen – deren Zeitverträge sind durch die Kampagne #IchBinHanna ins Bewusstsein gerückt. Und das Bundesverwaltungsgericht klärt, wann ein als Umweltverband anerkannter Verein zusätzlich als Naturschutzvereinigung gelten darf.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 27. Jan 2022.

Selbstständig oder abhängig? Geschäftsführer möchten gerne Beiträge zur Kranken- und Pflege-, zur Renten- und Arbeitslosenversicherung vermeiden. Doch die Sozialversicherungsträger schauen genau hin, ob nicht in Wirklichkeit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt – selbst wenn der Betreffende zugleich Miteigentümer ist. So ging für den Gesellschafter-Geschäftsführer eines EDV-Anbieters für Zahnärzte sein Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, ihm den Status eines Selbstständigen zu bescheinigen, negativ aus: Zwar könne er nach dem Gesellschaftsvertrag und seinem „Geschäftsführervertrag“ bestimmte Beschlüsse verhindern, doch räume ihm die Satzung keine umfassende Sperrminorität ein. So sei er nicht in der Lage, sich gegenüber Weisungen zu Zeit, Ort und Dauer seiner Tätigkeit, die ihm nicht genehm seien, zu wehren. Selbst durch ein Fernbleiben von Gesellschafterversammlungen könne er Beschlüsse lediglich verzögern, nicht aber verhindern. Seine grüne „Cheftinte“ konnte ihn also nicht retten.

Das SG Leipzig und das LSG stimmten zu: Die freie Gestaltung von Arbeitszeit und -ort stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen, sondern sei gerade für leitende Angestellte typisch. Gewichtiges, gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechendes Indiz sei, dass der Mann kein wesentliches Unternehmerrisiko trage: Er setze seine Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg ein, sondern erhalte eine monatlich gleichbleibende Vergütung. Das BSG will am 1.2. das letzte Wort dazu sprechen, ebenso wie zu zwei ähnlichen Fällen. So hat die Gesellschafter-Geschäftsführerin einer auf dem Immobiliensektor tätigen (inzwischen insolventen) Unternehmensberatung vor SG und LSG Hamburg für den Zeitraum recht bekommen, in dem sie seit einer Änderung der Abstimmungsregeln im GmbH-Vertrag praktisch alle unliebsamen Beschlüsse vereiteln konnte. In einem weiteren Verfahren streiten in Kassel gleich drei Geschäftsführer derselben Softwareberatungsfirma für ihre Sozialversicherungsfreiheit. Sie müssen sich ihren jeweiligen Anteil von 20 % mit zwei Mitinhabern teilen. Das SG Mannheim stellte sich auf die Seite der Kläger: Mit der Einrichtung eines Aufsichtsrats habe die GmbH ihr Weisungsrecht „aus der Hand“ gegeben, so dass das Trio nicht persönlich von der Gesellschafterversammlung, sondern nur von dem Kontrollgremium abhängig sei. Eine Sichtweise, der sich das LSG Baden-Württemberg allerdings nicht anschloss, weil die Drei beispielsweise ihre eigene Abberufung nicht verhindern könnten.

Befristet oder lebenslang? Die Lage wissenschaftlicher Mitarbeiter an Hochschulen ist durch die Kampagne #IchBinHanna ins Bewusstsein gerückt: Sogar die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich dazu, und der Berliner Landesgesetzgeber versucht, die vom Wissenschaftszeitvertragsgesetz gemachten Ausnahmen von den Grenzen für sachgrundlose Befris­tungen, die das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgibt, auszuhebeln (s. zuletzt NJW-aktuell H. 42/2021, 19). Das BAG befasst sich am 2.2. mit dem Begehren einer Diplom-Ingenieurin mit zwei minderjährigen Kindern, die sich seit 2010 mit fünf befristeten Verträgen bei einer staatlich finanzierten Forschungseinrichtung mit Betonstraßenbau befasst. Sie sei in Wahrheit eine „Edelsachbearbeiterin“, meint die Teilzeitkraft – trotz der in ihrem Arbeitsvertrag niedergelegten und von § 2 I 1 WissZeitVG verlangten Qualifizierungsziele.

Natur- oder Umweltschutz? Das BVerwG will am 3.2. klären, ob der gemeinnützige Bundesverband Boden (BVB), der sich für den Bodenschutz einsetzt, als Naturschutzvereinigung anzuerkennen ist. Nur dann kann er nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz bestimmte juristische Schritte einleiten. Das Bundesumweltamt war ursprünglich einverstanden, doch das Bundesamt für Naturschutz verweigerte sein nach § 3 II 2 UmwRG nötiges Einvernehmen: Die Organisation fördere zwar auch Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege, jedoch nicht im Schwerpunkt. Daher sei sie nur als Umweltverband einzustufen, der weniger Mitwirkungs- und Klagerechte hat.