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Hat eine überzogene Warnung vor Würsten und Schinken einen Hersteller in die Pleite getrieben? Der BGH prüft eine Klage des Insolvenzverwalters. Wann eine mittelbare Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Frauen vorliegt, klärt das BAG. Auch sonst tut sich allerhand in der Justiz. Und der Nikolaus füllt Kinderstiefel.

27. Nov 2024

Bedrohliche Würste. Behörden dürfen und sollen Verbraucher vor gefährlichen Lebensmitteln warnen. Das ergibt sich aus § 40 LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) ebenso wie aus der europäischen Lebensmittel-Basis-VO. Der BGH befasst sich am 5.12. mit der Klage des Insolvenzverwalters eines Unternehmens, das aufgrund einer solchen Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz mehr Würste und Schinken zurück­rufen musste, als nach Meinung des OLG München in der Vorinstanz nötig war – und schließlich pleite ging. Das Problem: Nicht für sämtliche dieser Produkte lag den Kontrolleuren ein Nachweis vor, dass sie tatsächlich gefährliche Listerien (eine bestimmte Bakterienart, die in Extremfällen zum Tod führen kann) enthielten. Zudem hatte der Hersteller möglicherweise verseuchte Waren nachträglich pasteurisiert, um Mikroorganismen abzutöten, beispielsweise die „Mini-Rostbratwürstchen mit Käse“. Und etwa die „Wacholderwammerln“ waren nach seiner Einschätzung ganz und gar unbedenklich.

Sie bayerischen Oberrichter sahen zwar ein Mitverschulden des GmbH-Geschäftsführers, gestanden dem Insolvenzverwalter aber wegen mangelnder Differenzierung in der amtlichen Verlautbarung zwei Drittel des Werts der betroffenen Produkte (knapp 30.000 EUR) zu. Doch der Mann fordert mehr als 10 Mio. EUR, weil die Firma mittlerweile in die Knie gegangen ist. Wogegen die Beamten des Freistaats im Prozess kühl vortragen ließen: „In Wahrheit habe die Schuldnerin schon jahrelang Verluste gemacht, was sich aus den (…) vorgelegten Unterlagen ergebe, und ihr Geschäftsführer habe die Gelegenheit ergriffen, den insolvenzreifen Verlustbetrieb einzustellen.“

Mittelbare Diskriminierung. Teilzeitbeschäftigte dürfen nach § 4 TzBfG prinzipiell nicht schlechter behandelt werden als ihre Kollegen und Kolleginnen in Vollzeit. Das BAG will am 5.12. hierzu zwei Parallelverfahren abschließen, die es dem EuGH vorgelegt hatte. Und der entschied unter Bezug auf drei verschiedene Rechtsakte der Union, dass eine mittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn Teilzeitarbeiter Überstundenzuschläge nur für Stunden erhalten, die über die regelmäßige Arbeitszeit von vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten hinausgehen – sofern dies einen signifikant höheren Anteil von Frauen als von Männern benachteiligt. Dem Luxem­burger Verdikt zufolge muss die Gruppe der besser ­gestellten Beschäftigten (also der Vollzeitkräfte) auch nicht gleichzeitig aus erheblich mehr männlichen als weiblichen Personen bestehen (NZA 2024, 1265). So sieht es in den beiden aktuellen Streitigkeiten aus, die einen bundesweit tätigen Dialyseanbieter betreffen. Nach dessen Angaben sind unter seinen über 5.000 Mitarbeitern 76,96 % Frauen. Davon seien 52,78 % teilzeitbeschäftigt, darunter wiederum 84,74 % weibliche und 15,26 % männliche Beschäftigte. In der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten seien 68,20 % weiblich und 31,80 % männlich. Geklagt haben zwei Teilzeit-Pflegekräfte, denen der Arbeitgeber Überstunden weder durch eine Zeitgutschrift noch durch eine Geldzahlung vergelten will. Denn das sehe ein Manteltarifvertrag bloß für Stunden vor, die über das reguläre Maß von Vollzeit­beschäftigten hinausgehen.

Allerlei. Der BGH verkündet am 5.12. sein Urteil zum Sonntagsverkauf in einem Gartenmarkt (NJW-aktuell H. 45/2024, 6). Vor dem BVerwG geht es am selben Tag um eine Lehrerin, die einen Verweis erhalten hat, weil sie zu viel erhaltenes Gehalt, das sie nach einer wunschgemäßen Verringerung ihrer Stundenzahl erhielt, nicht beanstandet hatte. Das BSG befindet am 3.12. über das „Recht auf gute Verwaltung“ (Art. 41 GRCh) sowie über den Sturz eines Schülers bei einem Inlineskating-Workshop als Arbeitsunfall. Der BFH kümmert sich ebenfalls am 3.12. in vier Parallelver­fahren um Einkünfte aus einer Schweizer Familienstiftung und fragt sich dabei, ob § 15 AStG mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist. Noch ein wichtiger Hinweis für alle Eltern: Am 6.12. füllt der Nikolaus wieder Kinderstiefel mit süßen oder (je nach Ernährungsphilosophie) sonstigen Gaben.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.