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Manches, was im Internet steht, möchten Betroffene lieber nicht über sich lesen. Wann Google negative Berichte aus Medien bei seinen Suchergebnissen ausfiltern muss, wollte daher der Bundesgerichtshof vom Europäischen Gerichtshof wissen. Der urteilt nun über die Anzeige von Links zu zwielichtigen Beiträgen. Und das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit der früheren Chefjustiziarin einer ostdeutschen Kommune, die sich vom Oberbürgermeister nach dessen Wiederwahl aus dem Job gemobbt glaubt.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 1. Dez 2022.

Löschung. Vor acht Jahren hat der EuGH in einem Rechtsstreit gegen die weltweit größte Suchmaschine ein „Recht auf Vergessenwerden“ dekretiert (NJW 2014, 2257 – Google Spain) – gegen das nachdrück­liche Votum des damaligen Generalanwalts Niilo Jääskinen übrigens. Mittlerweile ist es in Art. 17 DS-GVO verankert. Am 8.12. will er nun sein Verdikt zu einer Vorlage des BGH verkünden, die abermals Google betrifft. Das Ergebnis ist nicht nur wichtig für Menschen, die sich in den dortigen Suchergebnissen nicht mit unangenehmen Wahrheiten konfrontiert sehen wollen. Sondern es geht auch darum, ob Medien den Inhalt ihrer Archive dort unauffindbar machen müssen, selbst soweit es eine zutreffende Berichterstattung betrifft. Der Hintergrund: Im Juni 2020 hat das oberste deutsche Zivilgericht über zwei solcher Begehren entschieden (NJW-aktuell H. 31/2020, 6). Zum einen ging es um den früheren Geschäftsführer eines Wohlfahrtsverbands: Seine Regionalorganisation wies ein Defizit von knapp einer Million Euro auf; kurz zuvor hatte er sich krank gemeldet. Darüber berichtete die dortige Tagespresse unter Nennung seines vollen Namens. Wie die Vorinstanzen wiesen auch die Karlsruher Richter sein Begehren ab, dass die Zeitungsartikel nicht mehr in der Ergebnisliste der Suchmaschine erscheinen: Trotz Zeitablaufs müssten die Interessen des Klägers hinter jenen von Google, seiner Nutzer, der Öffentlichkeit und der für die verlinkten Artikel verantwortlichen Presseorgane zurücktreten (NJW 2020, 3436).

Anders in dem zweiten Fall, der sich um einen Geschäftsmann und seine Lebensgefährtin dreht, die über diverse Firmen Geld einsammelten. Eine US-amerikanische Webseite, die sich nach eigenen Angaben der Betrugsprävention widmet, veröffentlichte kritische Beiträge zu dem Anlagekonzept. Doch gab es auch Berichte, denen zufolge deren Geschäftsmodell auf Erpressung beruhe – mit „Schutzgeld“ könne man negative Berichte vermeiden. Die beiden Deutschen sehen sich als deren Opfer und wollen bei Eingabe ihrer Namen von Google nicht mehr mit kleinen Fotos (Thumbnails) sowie Links zu Artikeln mit Formulierungen wie „Hintermänner“ oder „Kopf des Systems“ angezeigt werden. Hier wollen die Bundesrichter von ihren Luxemburger Kollegen vor allem wissen, ob dem Auslistungsbegehren bei bestrittenen Tatsachenbehauptungen und darauf fußenden Werturteilen eine Möglichkeit zu einstweiligem Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter selbst entgegengehalten werden kann.

Mobbing. Nicht nur Burnout durch Überforderung, sondern auch Boreout durch Langeweile im Job soll es geben. Das BVerwG befasst sich am 8.12. mit einer ehemaligen Stadtverwaltungsoberrätin, deren Oberbürgermeister nach seiner Wiederwahl die Zuständigkeiten neu aufgeteilt, ihr aber (zumindest formal) den Leitungsposten für Rechtsangelegenheiten belassen hat. Die Frau – wegen mehrerer Operationen krank geschrieben – protestierte vergeblich gegen die Schmälerung ihres Tätigkeitsbereichs. In ihrer Abwesenheit ließ das Stadtoberhaupt ihr Büro räumen und die Möbel ins Dachgeschoss eines dunklen Seitentrakts voller Dachschrägen verfrachten, der nur über steile Treppen erreichbar war. Die Klägerin sieht sich abgestraft für angebliche unbotmäßige Äußerungen im Wahlkampf. Ein Argument dafür, dass sie nicht mehr „amtsangemessen“ beschäftigt worden sei, lautet, ihre beibehaltene Besoldungsgruppe A 14 stelle sich „als erkennbar überhöht dar“. Für das aus ihrer Sicht erlittene Mobbing verlangt sie Schmerzensgeld: Durch ihre Unter­beschäftigung und weitere Repressalien habe sie an ­einem Boreout-Syndrom gelitten, das zur Dienstunfähigkeit geführt habe. Im Gegensatz zum VG Halle hielt das OVG Magdeburg ihr Verlangen für unberechtigt.

Außerdem. Der BGH verhandelt am 6.12. über Sonderbeiträge eines ehrenamtlichen Bürgermeisters an die CDU. Das BVerfG verkündet am selben Tag sein Urteil über das „Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz“, mit dem die EU-Kommission zur Aufnahme von bis zu 750 Milliarden Euro Kredit für einen „Wiederaufbaufonds“ ermächtigt wurde.

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