Patientenrechte. Zwangsbehandlungen gegen den Willen von Patienten sind an strenge Voraussetzungen gebunden – hat doch das BVerfG vor vier Jahren sogar ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben festgelegt. Am 26.11. verkündet nun der Erste Senat sein Urteil darüber, wieweit Ärzte dazu in der Psychiatrie befugt sind. Verhandelt wurde darüber bereits im Juli (NJW-aktuell H. 29/2024, 6). Auf dem Prüfstand steht nicht bloß ein konkreter Fall, sondern eine Gesetzesregelung, nämlich § 1906a I 1 Nr. 7 BGB aF. Der BGH ist von deren Verfassungswidrigkeit überzeugt und hat sie den Kollegen sowie Kolleginnen im nahen Schlossbezirk vorgelegt. Sie ist zwar zum 1.1.2023 durch das „Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“ gestrichen, aber bloß in § 1832 I 1 Nr. 7 BGB verschoben worden. Die Bestimmung sieht ziemlich speziell aus. Doch laut BGH betrifft sie eine „zahlenmäßig relevante Gruppe“ von Kranken. Vorgeschrieben ist darin, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen gegenüber Betreuten nur bei einem stationären Klinikaufenthalt vorgenommen werden dürfen, in dem die medizinische Versorgung inklusive einer womöglich nötigen Nachbehandlung sichergestellt ist.
Der anhängige Rechtsstreit dreht sich um eine Patientin mit paranoider Schizophrenie; daher wurde sie für Entscheidungen zur Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung unter Betreuung gestellt. Gegen die Psychose wird ihr regelmäßig ein Neuroleptikum in Depotform gespritzt. Untergebracht ist sie in einem geschlossenen Wohnverbund. Um ihr das Präparat zu verabreichen, wird sie stets in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht und muss dazu mitunter festgeschnallt werden. Ihr Betreuer hat deshalb stattdessen eine „stationsäquivalente Behandlung“ in ihrer Wohneinrichtung beantragt, was das AG Lippstadt und das LG Paderborn aufgrund der Gesetzeslage ablehnten. Der XII. Zivilsenat schrieb den Verfassungshütern: „Die staatliche Gemeinschaft darf den hilflosen Menschen – ungeachtet seiner ‚Freiheit zur Krankheit‘ – nicht einfach sich selbst überlassen.“ Und vielleicht treffen die bei diesem Anlass weitere grundlegende Aussagen.
Sonstiges. Das BVerwG klärt am 27.11. Fragen des Versammlungsrechts, die sich anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg im Sommer 2017 ergeben haben. Die Veranstalter streiten mit dem Stadtstaat insbesondere darüber, ob das „Protestcamp: Eine andere Welt ist möglich – Fangen wir an, sie zu gestalten“ im Altonaer Volkspark als geschützte Veranstaltung einzuordnen war. Spannend wird es am 28.11. für Privatleute, die sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach ihres Eigenheims gepackt haben und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten. Das BSG will dann klären, ob die Einnahmen aus der Solaranlage als Einkommen zu betrachten sind und insofern die Hilfebedürftigkeit schmälern. Der DAV hält am 29.11. in Berlin erstmals einen „Vielfaltstag“ ab. Es geht um Themen wie Migration, Queerness und soziale Herkunft in der Anwaltschaft.
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