Versetzung ins Ausland. Piloten sind von Haus aus eine besonders mobile Berufsgruppe. Doch auch da gibt es Grenzen, meinen drei deutsche Flugkapitäne der irischen Airline Ryanair. Die für europäische Beschäftigte zuständige Konzerntochter mit Sitz auf Malta hat sie ins Ausland versetzt – und das zu deutlich niedrigeren Bezügen. So hat einer von ihnen zuletzt knapp 12.000 Euro im Monat verdient, was auf einem Vergütungstarifvertrag für alle bundesrepublikanischen Basen beruhte; der Boeing 737-800-Captain ist selbst Mitglied der einschlägigen Gewerkschaft Cockpit. Doch im Arbeitsvertrag, in dem die Anwendung irischen Rechts sowie die Versetzbarkeit an jeglichen anderen Standort vereinbart wurden, sind nur etwas über 75.000 Euro fürs ganze Jahr vorgesehen. Der Hintergrund: Ryanair schloss für alle 24 dortigen Flugzeugführer den Nürnberger Heimatstandort des Klägertrios. Ein Sozialtarifvertrag sah vor, dass zum Abbau eines daraus folgenden „Pilotenüberhangs“ (sofern keine anderen näher definierten Maßnahmen möglich sind) den Betroffenen ein anderer Ort in der EU per Versetzung oder Änderungskündigung zugewiesen werden könne. Wer ins Ausland verlegt wird, sollte sodann zu den dortigen Arbeitsbedingungen und Gehältern beschäftigt werden.
Den beispielhaft genannten Kläger schickte die Fluglinie zum Mai 2020 ins italienische Bologna, kündigte vorsorglich sein Arbeitsverhältnis und bot ihm zugleich an, dort weiter tätig zu sein – was er unter Vorbehalt akzeptierte. Doch hält er die Versetzung für unwirksam: Die Verlegung ins Ausland sowie die daraus resultierende deutliche Schmälerung seines Entgelts seien nicht vom Direktionsrecht gedeckt. Die vorsorgliche Änderungskündigung mit dem damit verbundenen Entzug der tariflich vereinbarten Anwendung deutschen Rechts müsse er ebenso wenig hinnehmen. Ryanair führt hingegen „branchen- bzw. berufsspezifische Besonderheiten“ ins Feld: Der Tätigkeit von Flugpersonal einer international tätigen Fluggesellschaft sei eine gewisse Volatilität und Flexibilität immanent. ArbG und LAG Nürnberg sahen das genauso. Das BAG will am 30.11. das Schlusswort sprechen.
Cancel Culture? Wo die Meinungsfreiheit endet und die Bekämpfung von „Hass und Hetze“ geboten ist – darüber wird tagtäglich hitzig diskutiert. Das BVerwG will am 30.11. über die Löschung von Kommentaren auf der Facebook-Seite des MDR urteilen. Dort können Nutzer die von der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt in dem sozialen Netzwerk veröffentlichten Beiträge kommentieren, sind aber gehalten, sich dabei an die „Netiquette“ zu halten. Daran stört sich jemand, der in der Tilgung seiner 14 Stellungnahmen Zensur sieht. Das VG Leipzig und das OVG Bautzen stuften hingegen die Entfernungen weitestgehend als vom „virtuellen Hausrecht“ der Körperschaft und ihren darauf fußenden Benutzungsregeln gedeckt ein. Diese griffen zwar in das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit ein, seien aber gerechtfertigt. Denn zu den allgemeinen Gesetzen im Sinne des Art. 5 II GG zählten die Regelungen des damaligen Staatsvertrags für das Telemedienangebot des öffentlichen Rundfunks. Und danach seien Foren und Chats ohne Sendungsbezug unzulässig. Die Berichterstattung über solch unterschiedliche Themen wie die Privatisierung volkseigener Betriebe, Hasskommentare im Netz und ein massenhaftes Amselsterben durch den Usutu-Virus, eine Razzia gegen Neonazis sowie Renten für Politiker waren nämlich größtenteils nur der Aufhänger für die eigenen Themen des Klägers – allen voran die „Zensur“ auf der Fanpage.
Kartellbrüder. Hat ein Kartell von 15 Herstellern beispielsweise von Geschirrspülmitteln, Zahncremes und Duschgels jahrelang untereinander Informationen ausgetauscht, um Preise zu drücken? Der Insolvenzverwalter der Drogeriekette Schlecker verlangt mit dieser Begründung von ihnen 212 Millionen Euro. Zu Unrecht, so die Vorinstanzen, die am Schaden zweifelten, aber keinen eigenen Gutachter bestellten. Verhandelt hat der BGH darüber bereits, am 29.11. will er sein Verdikt verkünden.
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